Im niedersächsischen Atomkraftwerk Grohnde hat sich ein weiterer Zwischenfall ereignet. Unterdessen haben AnwohnerInnen des Kraftwerks Klage eingereicht: Wegen „schwerwiegender Sicherheitsmängel“ müsse Eon die Betriebsgenehmigung entzogen werden.

Vor fast einem Jahr, im März 2015, hatten Anwohner aus Grohnde und Bodenwerder bereits das Niedersächsische Umweltministerium (NMU) als zuständige Atomaufsichtsbehörde über ihren Rechtsanwalt aufgefordert, dem AKW Grohnde wegen „schwerwiegender Sicherheitsmängel die Betriebsgenehmigung zu entziehen“. Nach mehrfacher Erinnerung wurde dieser Antrag Anfang Oktober 2015 vom NMU abgelehnt. Die Begründung im Ablehnungsbescheid entkräftet allerdings „in keiner Weise die berechtigten Sorgen der Anwohner vor den vom AKW ausgehenden Gefahren“, so die KlägerInnen.
Mitte Oktober 2015 wurde darum beim zuständigen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg eine Klage gegen den abschlägigen Bescheid eingereicht. Im Mittelpunkt der Klageschrift stehen die Gefahren durch Flugzeugabstürze und Terrorangriffe. In einem ersten Schritt soll nun die geforderte Akteneinsicht Erkenntnisse für entsprechende Gutachten und das weitere Verfahren liefern.
Neuer Störfall: Materialverlust
Die Sorge vor dem Atomkraftwerk ist berechtigt: Vor wenigen Tagen meldete der Grohnde-Betreiber Eon erneut einen Vorfall. Im Rahmen einer „inneren Prüfung“ sei eine „lokale Wanddickenschwächung am Verdampfer des Systems zur Abwasserbehandlung“ festgestellt worden. Eine zuvor durchgeführte Druckprüfung belege zwar, dass der Materialverlust an der Komponente „keinen Einfluss auf den sicheren Betrieb der Anlage“ habe. Trotzdem sei die Reparatur eingeleitet worden.
Das Niedersächsische Umweltministerium verspricht, das Vorkommnis „auch im Hinblick auf das Prüfkonzept“ gründlich auszuwerten. Nach Vorlage der Untersuchungsergebnisse soll über die Zuziehung weiterer Sachverständiger entschieden werden.
Klage braucht Unterstützung
Da eine Privatklage für die Entziehung der Betriebserlaubnis eines Atomkraftwerks finanziell nicht durchzustehen ist, werden die Kläger vom Rechtshilfefonds Atomerbe Grohnde e.V. unterstützt.
Einer von ihnen, Hans-Peter Leiding, gibt sich kämpferisch:
„Ich sehe den Meiler ja vom Fenster aus, habe hier Eigentum und wäre bei einem Atomunfall direkt betroffen. Trotzdem habe ich lange überlegt. Immerhin gibt es ja den Ausstiegsbeschluss. Und viele sagen: Das Ding wird doch eh in sechs Jahren abgeschaltet. Aber das überzeugt mich nicht. Was ist, wenn sie auf die Idee kommen, das AKW doch länger laufen zu lassen?“
Mit einer Mitgliedschaft im Rechtshilfefonds und vor allem mit einer großzügigen Spende kann der Verein unterstützt und somit das Anliegen der Klage - die sofortige Abschaltung des AKW Grohnde - wirkungsvoll gefördert werden.
- weitere Infos: www.grohnde-kampagne.de/rechtshilfefonds
weiterlesen:
- Interview: „Was ist, wenn sie das AKW doch länger laufen lassen?“
Hans-Peter Leiding, 60, Sozialpädagoge aus Grohnde, war mit seiner 10-Kilowatt-Solaranlage jahrelang der zweitgrößte Stromerzeuger im Ort. Jetzt klagt er gegen den größten: das AKW. - Störfall Grohnde wieder in Betrieb
28.10.2015 - Seit dem vergangenen Wochenende ist das niedersächsische Atomkraftwerk Grohnde wieder im Leistungsbetrieb. Während eines 3-wöchigen Stillstands wurde neuer Brennstoff geladen. Am Ende gab es wegen eines Störfalls Verzögerungen beim Wiederanfahren.
Quellen (Auszug): grohnde-kampagne.de, gruene-blomberg.de, eon.com, umwelt.niedersachsen.de; 29.1.2016