Hausdurchsuchungen bei französischen Atomkraftgegner*innen

21.09.2017 | Jan Becker

Die Polizei hat in mehreren lothringischen Orten Wohnungen und Treffpunkte von Aktivist*innen durchsucht, die sich gegen das geplante Atommülllager in Bure engagieren. Offenbar soll der Widerstand gegen das Atomprojekt unter Druck gesetzt werden.

Frankreich: Felslabor Bure
Foto: google StreetView

Das Netzwerk für den Atomausstieg „Sortir du nucléaire“ berichtet, dass Beamte in das Widerstandszentrum „Maison de la Resistance“ in Bure, in den Bahnhof von Luméville und in mehrere Wohnsitze von Umweltaktivist*innen eingedrungen seien. Fenster und Türen wurden aufgebrochen, Scheiben der Autos und Wohnwagen rings um das Zentrum zerschlagen. Computer und Handys wurden mitgenommen. Mindestens eine Person soll wegen Widerstand gegen die Beamten in Gewahrsam genommen worden sein.

Standort nahe der deutschen Grenze

Mitte Juli letzten Jahres hatte das französische Parlament den Standort des geplanten französischen Atommülllagers nahe der deutschen Grenze genehmigt. Das geologische Tiefenlager „Cigéo“ soll ab 2030 rund 10.000 m3 hoch- und rund 70.000 m3 mittelaktive Abfälle mit langer Lebensdauer in einer Lehm-Ton-Schicht in einer Tiefe von gut 500 Metern rückholbar beherbergen. Die Betreibergesellschaft will Anfang des nächsten Jahrzehnts mit dem Bau des Atommülllagers beginnen, der allerdings noch genehmigt werden muss. Wissenschaftler*innen zweifeln an der Eignung.

„Anstatt dieses gefährliche und aufgezwungene Projekt, das gegenwärtige und künftige Generationen gefährdet, aufzugeben, verbeißt sich der Staat auf schändliche Weise in die Verfolgung der Gegner“, heißt es sinngemäß in einer französischen Pressemitteilung von „Sortir du nucléaire“. „Während die Mobilisierung gegen CIGÉO zunimmt, findet die Obrigkeit keine andere Antwort, als die Umweltaktivisten niederzuschlagen und zu kriminalisieren.“

Polizeischikane rund um Bure

Immer wieder kommt es zu teilweise auch gewalttätigen Auseinandersetzungen um den Atomstandort. Nachdem eine erste Mauer um die Baustelle errichtet wurde, zerstörten Aktivist*innen diese wieder. Mitte August war es am Rande einer Demonstration von Atom-Gegner*innen in Bure zu Ausschreitungen gekommen. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein. Ein junger Mann wurde durch eine Gasgranate schwer verletzt. Aktivist*innen berichten von einer regelrechten Schikane durch die Polizei, die seit mehreren Monaten in den Dörfern in der Umgebung von Bure Präsenz zeigt und Kontrollen durchführt.

Während in Frankreich nun zu Unterstützungskundgebungen vor Präfekturgebäuden aufgerufen wird, kündigen Aktivist*innen in Deutschland die Gründung einer informellen Gruppe „Atomklo Bure nirgendwo!“ an.

weiterlesen:

  • Protest gegen französisches „Hauruck“-Atommülllager
    06.06.2016 - Am Sonntag haben mehr als 1.500 Menschen gegen den Bau des französischen Atommülllagers bei Bure - 125 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt - protestiert. Sie werfen der Regierung vor, sie winke das Projekt im „Hauruck-Verfahren“ durch.

  • Frankreich: Standortentscheidung für Atommüll-Lager ein „Affront“
    21.07.2015 - In einem Schnellverfahren hat die französische Nationalversammlung am 8. Juli 2015 den Standort für ein Atommüll-Lager in Frankreich festgezurrt: Der kleine Ort Bure in Lothringen, in dem seit 1994 ein „Versuchslabor“ betrieben wird.

Quellen (Auszug): Sortir du nucléaire, dpa, blog.eichhoernchen.fr; 20.9.2017

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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