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Grenzenloses Risiko: Gefährdung Deutschlands durch schwere Unfälle in Schweizer AKW

Ausführlichere Informationen und viele Karten, die die Ausbreitung der radioaktiven Wolke und ihre Auswirkungen verdeutlichen, findest Du in der neuen Studie „Grenzenloses Risiko: Gefährdung Deutschlands durch schwere Unfälle in Schweizer Atomkraftwerken“ des Trinationalen Atomschutzverbands (TRAS), an der .ausgestrahlt mitgewirkt hat.

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Pressemitteilung

zur Veröffentlichung der Studie am 26.06.

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Studie

Grenzenloses Risiko: Gefährdung Deutschlands durch schwere Unfälle in Schweizer Atomkraftwerken.

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Wohin weht der Super-GAU?

Fragen und Antworten zu den möglichen kurz- und langfristigen Folgen eines schweren Atomunfalls in einem Schweizer AKW, insbesondere für Deutschland

  • In der Schweiz laufen noch vier Reaktoren an drei Standorten, allesamt sehr nahe oder direkt an der deutschen Grenze gelegen:
    Beznau 1 und 2 (je 365 MW, Abstand ca. 5 km), Gösgen (1.010 MW, ca. 20 km) und Leibstadt (1233 MW, 0 km). Ihre Laufzeit ist derzeit nicht begrenzt.

  • Die jüngste Anlage, das AKW Leibstadt, ist schon mehr als 40 Jahre in Betrieb, das AKW Gösgen mehr als 45 Jahre, die beiden Reaktoren in Beznau sogar schon 56 bzw. 53 Jahre. Mit zunehmendem Alter verspröden Rohre und Reaktordruckbehälter, Unfälle werden wahrscheinlicher. Trotz Nachrüstungen entspricht keiner der Reaktoren heutigen Sicherheitsstandards. Auch gegen Angriffe sind die AKW nur bedingt geschützt. Keines würde heute nochmals eine Genehmigung erhalten. In jedem der AKW kann es jeden Tag zu einem schweren Unfall kommen.

  • Simulationen verschiedener Institute zu verschiedenen Unfallszenarien und mit realen Wetterdaten zeigen, dass Deutschland das Hauptrisiko eines Unfalls in einem Schweizer AKW trägt: Gemittelt über alle Wettersituationen eines Jahres würde Deutschland mehr Strahlung abbekommen als die Schweiz selbst und auch als jedes andere Land in Europa. Es wären im Schnitt mehr Menschen in Deutschland als in der Schweiz von Strahlung betroffen. Größere Gebiete als in der Schweiz müssten evakuiert werden, wären langfristig unbewohnbar und für Ackerbau nicht mehr nutzbar. Bei einem Unfall im AKW Leibstadt, das direkt an der Grenze steht, wäre sogar mit mehr Todesfällen und mehr schweren Erkrankungen in Deutschland zu rechnen als in der Schweiz selbst. 

  • Wind und Niederschlag beeinflussen maßgeblich, wohin und wie weit die radioaktive Wolke zieht und wo sich welche Mengen radioaktiver Stoffe ablagern. Karten, die solche Belastungen beispielhaft für eine Wettersituation grafisch abbilden – wie das Titelbild dieses Magazins –, können bei anderem Wetter auch ganz anders ausfallen. Man darf sie also nicht so lesen, als ob schwach oder gar nicht betroffene Gebiete sicher vor der radioaktiven Wolke und dem Fallout seien. Sie haben nur in der dargestellten Situation Glück – bei anderen Wetterverhältnissen könnten sie stark belastet werden. 

  • Millionen Menschen in ganz Deutschland könnten einer gesundheitsschädlichen Strahlenbelastung ausgesetzt sein. Vom Durchzug der radioaktiven Wolke und von radioaktivem Fallout könnten selbst Gebiete in mehreren hundert Kilometern Entfernung massiv betroffen sein – bis dahin, dass ganze Regionen langfristig unbewohnbar werden und landwirtschaftlich nicht mehr nutzbar sind. Neben den Gefahren für Leben und Gesundheit sowie für Natur und Umwelt hätte ein Super-GAU in einem Schweizer AKW in vielen Fällen auch massive ökonomische, soziale und politische Folgen für Deutschland. Er könnte Wohnung und Arbeitsplatz ebenso wie Heimat und Lebensraum von Hunderttausenden rauben und auch soziale, kommunale und staatliche Strukturen zerstören. Aufgrund der räumlichen Nähe der AKW ist das Risiko im Süden Deutschlands besonders hoch, insbesondere in Baden-Württemberg. 

  • Selbst bei einer Freisetzung von nur etwa zehn Prozent des radioaktiven Inventars eines Reaktors müssten je nach Wetterlage Gebiete von erheblichem Ausmaß bis in mehrere hundert Kilometer Entfernung vom AKW evakuiert werden, unter Umständen binnen weniger Stunden. Dies kann auch Großstädte wie Freiburg, Stuttgart oder München oder das gesamte Rheintal bis hinauf nach Karlsruhe betreffen. 

  • Nein. Auch die 2014 nach den Erfahrungen aus der Reaktorkatastrophe von Fukushima beschlossene Erweiterung der Evakuierungszonen von 10 auf 20 Kilometer um die AKW deckt die möglichen räumlichen Auswirkungen eines schweren Atomunfalls bei Weitem nicht ab. In Südbaden haben die Katastrophenschutzbehörden die Erweiterung zudem bis heute nicht umgesetzt: Evakuierungspläne existieren dort weiterhin nur für eine 10-Kilometer-Zone um das AKW Leibstadt. 

  • Es können Situationen auftreten, in denen die von der radioaktiven Wolke verursachte Strahlenbelastung auf rund einem Drittel des Bundesgebiets so hoch wäre, dass die Behörden einen „Aufenthalt im Haus“ anordnen müssten. Nach den Empfehlungen der Strahlenschutzkommission müssten die Menschen dort dann tagelang im Haus bleiben – idealerweise in fensterlosen Kellerräumen. Allerdings weisen Expert*innen darauf hin, dass diese Maßnahme nur über kurze Zeit aufrechterhalten werden könnte – die Luft in geschlossenen Räumen wird zu schlecht. 

  • Die gezielte Einnahme hochdosierter Jodtabletten soll die Aufnahme radioaktiven Jods durch die Schilddrüse verhindern und damit das Risiko für Schilddrüsenkrebs reduzieren. Vor allen anderen Gesundheitsgefahren durch radioaktive Strahlung schützen sie nicht. Der Schilddrüsenschutz funktioniert auch nur für ein paar Stunden und nur dann, wenn die Tabletten passgenau kurz vor Durchzug der radioaktiven Wolke eingenommen werden. Dafür müssen sie allerdings erst einmal an alle Haushalte und Schulen etc. verteilt, unter Umständen zuvor noch aus einem zentralen Lager eingeflogen werden. Wie die Haushalte sie von den einzurichtenden Verteilstellen abholen sollen, wenn aufgrund der Strahlenbelastung zugleich der „Aufenthalt im Gebäude“ angeordnet wird, ist offen. Simulationen zeigen, dass bei entsprechender Wetterlage Kinder und Jugendliche in rund einem Drittel der Fläche der Bundesrepublik mit Jodtabletten versorgt werden müssten. 

  • Das hängt vor allem von der Ablagerung radioaktiver Substanzen ab. Das bei einem Atomunfall unter anderem freigesetzte radioaktive Cäsium verliert erst nach 30 Jahren die Hälfte seiner Radioaktivität. Simulationen zeigen, dass auch Gebiete in mehreren dutzend bis mehreren hundert Kilometern Entfernung vom AKW auf Jahrzehnte hinaus unbewohnbar werden können. Die dortige Bevölkerung müsste dann umgesiedelt werden: Viele tausend, unter Umständen sogar mehrere hunderttausend oder gar Millionen Menschen in Süddeutschland – unter Umständen auch weit darüber hinaus – könnten dauerhaft ihre Wohnung, ihren Arbeitsplatz und ihre Heimat verlieren.

  • Ackerflächen und Weiden, unter Umständen ein Mehrfaches der Landesfläche Baden-Württembergs, könnten auf Jahre hinaus so radioaktiv kontaminiert werden, dass sie nicht oder nur noch eingeschränkt landwirtschaftlich nutzbar sind. Ernten müssten vernichtet, Milch dürfte nicht in Verkehr gebracht werden. Auch die Jagd wäre eingeschränkt. 

  • Ja. Fallout und niederschlagsbedingter Washout radioaktiver Substanzen nach einem schweren Atomunfall in einem Schweizer AKW können Oberflächengewässer in einem Umkreis von mehreren dutzend Kilometern so kontaminieren, dass die Trinkwasser-Toleranzwerte für radioaktives Cäsium, Jod und Strontium überschritten würden. Dies gilt selbst für den Bodensee, der rund fünf Millionen Menschen mit Trinkwasser versorgt, und erst recht für dessen nordwestlichen Ausläufer, in dem die Pumpfassungen der Bodensee-Wasserversorgung liegen. Diese beliefert 147 Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg mit Trinkwasser, darunter Stuttgart, Reutlingen, Pforzheim und Heilbronn sowie 34 Wasserversorgungszweckverbände.
    Radioaktive Stoffe, die direkt vom AKW in Aare oder Rhein gelangen, würden binnen weniger Stunden den Großraum Basel erreichen. Trotz Verdünnung läge die radioaktive Belastung dort noch zigfach über den Grenzwerten. Betroffen wären auch deutsche Kommunen, die ihr Trinkwasser aus Rheinuferfiltrat oder vom Rhein gespeisten Grundwasserleitern gewinnen. 

  • Ein schwerer Unfall in einem Schweizer AKW bedroht bei entsprechender Wetterlage Leben und Gesundheit von hunderttausenden Menschen in Deutschland. Selbst bei durchschnittlichen Wetterverhältnissen ist mit zehntausenden Todesfällen und noch weit mehr schweren, lebenslangen Erkrankungen zu rechnen. Noch in 85 Kilometer Abstand zum AKW können akute Strahlenschäden auftreten, etwas näher am AKW kann die Strahlung sogar tödlich sein. Die dafür verantwortlichen Strahlenbelastungen treten binnen weniger Stunden auf. Darüber hinaus ist aufgrund der Strahlenbelastung der Bevölkerung unter Umständen mit Tausenden von Fehlbildungen jedes Jahr und mit Erbgutveränderungen bei hunderten Millionen Menschen zu rechnen.

Redaktion: Armin Simon

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