Nein, Google baut kein Atomkraftwerk

28.08.2025 | Gerard Brinkman
Die Suchmaske von Google auf einem Bildschirm
Foto: Pexels / Sarah Blocksidge

In den letzten Wochen gab es mal wieder neue Schlagzeilen zu Googles Atom-Engagement. Doch Google baut kein Atomkraftwerk – und ob der Konzern in absehbarer Zeit wirklich Strom aus neuen Atomkraftwerken für seine KI-Rechenzentren verwenden wird, ist alles andere als absehbar.

Laut Reuters legte Google kürzlich Tennessee als Standort für einen neuartigen Reaktor fest. IT-Magazine.ch macht daraus, dass das Start-Up Kairos Power „nun ein erstes Atomkraftwerk“ für Google baue. Und bei WinFuture wird daraus sogar „Googles erstes Atomkraftwerk“. Der Konzern hat damit viel Aufmerksamkeit bekommen. Aber gebaut wird noch lange nicht.

Gerard Brinkmann, Atomkraft-Campaigner bei WISE Netherland, erklärt die Lage und argumentiert dagegen: Es geht vor allem um die Erzählung, dass Atomkraft wieder im Aufwind sei – und um die Gratis-Werbung für Google.  

Baut Google ein Atomkraftwerk?!

Die kurze Antwort: nein. Aber die Schlagzeilen deuteten darauf hin, dass es so wäre. In den USA würde Google ein eigenes Atomkraftwerk bauen. Dieses Bild passt perfekt in den neuen Hype: Tech-Giganten investieren in Atomenergie, um ihren Energiehunger zu stillen.

Was wurde wirklich vereinbart? Google hat kein Kraftwerk bestellt. Das Unternehmen schloss einen Stromabnahmevertrag mit Kairos Power und der Tennessee Valley Authority (TVA) ab. Das bedeutet, dass Google bereit ist, Strom von einem Kraftwerk zu kaufen, das noch gebaut werden muss. Und Kairos hat versprochen, dass dies bereits 2030 geschehen könnte.

Aber: Kairos Power hat noch nie ein Atomkraftwerk gebaut. Er will einen sogenannten Small Modular Reactor entwickeln, der mit Fluorsalzen gekühlt wird – ein völlig neuer Typ, der noch nicht kommerziell läuft.

Warum ist 2030 unrealistisch?

Die Vereinbarung: Erster Strom ab 2030. Problem: Alle Atomkraftwerke der letzten Zeit erlitten gigantische Verzögerungen.

Beispiele:

  • 🇫🇮 Finnland: 17 Jahre zu spät
  • 🇫🇷 Frankreich: 17 Jahre zu spät
  • 🇦🇪 Vereinigte Arabische Emirate: 12 Jahre zu spät

Und das waren Kraftwerke von erfahrenen Bauherren. Kairos fängt bei Null an, mit einem neuen Design. Die Chance, dass im Jahr 2030 Strom geliefert wird, liegt damit praktisch bei null.

Wer trägt das Risiko? Nicht Google

Was passiert, wenn das Atomkraftwerk nicht rechtzeitig fertig wird? Das ist nicht bekannt. Auch der Strompreis ist nicht öffentlich. Eines ist aber klar: Google trägt keine Baukosten und ist kaum gefährdet. Er kauft nur ein Versprechen. Warum macht Google das? Möglicherweise um einen guten Eindruck bei der Trump-Administration zu hinterlassen, die im Rahmen ihrer Verleumdungskampagne gegen Sonne und Wind die Atomenergie politisch fördert. Für Big Tech ist ein solcher Vertrag billiges symbolisches Kapital: viel Publicity, wenig Risiko.

Was das wirklich aussagt

Diese Art von Ankündigungen sind kein Beweis für eine nukleare Renaissance, sondern für ein Narrativ. Die Atomkraft wird als Lösung aufgeblasen, aber im Moment liefert sie heiße Luft. Dagegen werden Sonne, Wind – auch in Kombination mit Batterien – von Jahr zu Jahr günstiger, schneller und zuverlässiger. Daher ist es wichtig, dass sich die Tech-Giganten darauf konzentrieren, um ihre grünen Versprechen einzulösen.

Der Artikel von Gerard Brinkman erschien ursprünglich auf niederländisch bei LinkedIn. Übersetzung basierend auf  Vorarbeit von Dieter Kaufmann.

weiterlesen:

  • Deepseek: Die atomare KI-Blase ist wohl geplatzt
    05.02.2025: Der Plan wurde vor allem von großen US-Unternehmen wie Google, Meta oder Microsoft forciert und schwappte als (Wahlkampf)-Idee auch nach Deutschland: Zum Betrieb der gigantischen Rechenzentren für Künstliche Intelligenz (KI) würden künftig riesige Strommengen benötigt – und dafür sollten Atomkraftwerke gebaut oder reaktiviert werden. Nun ist auch dieser Traum zur Wiederbelebung der Atomkraft geplatzt wie eine Seifenblase.
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