Japan nach der Wahl (2) – Was sind die Ursachen für das Ergebnis?

08.02.2013 | Jörg Raupach

In drei Teilen berichtet Prof. Dr. Jörg Raupach über die Wahl aus Japan. Der erste Beitrag fasst das Ergebnis zusammen. Dieser Teil analysiert die Ursachen dahinter. Der dritte Teil befasst sich abschließend mit den möglichen Folgen des Wahlergebnis.

Eine wesentliche Ursache liegt im japanischen Wahlsystem begründet: von den 480
Mandaten werden 300 durch einfache Mehrheit in den regionalen Wahlbezirken direkt besetzt, der Rest über Listenplätze nach Maßgabe der landesweit erhaltenen Stimmen. Die LDP konnte eine Vielzahl der regionalen Wahlbezirke mit einfacher Mehrheit gewinnen, kam aber insgesamt (sowohl bei den Direktmandaten, wie landesweit) auf weniger als 30% der Stimmen – genauso viel bzw. wenig wie bei ihrer deftigen Wahlschlappe im Jahre 2009. D.h. die LDP hat keineswegs in der Wählergunst absolut zugenommen, und dennoch alleine die absolute Mehrheit der Parlamentssitze gewinnen können. 30% der Stimmen reichen für eine absolute Mehrheit – absurd !!!

Der eine Hauptgrund ist die erwähnte miserable Wahlbeteiligung, die der wohlorganisierten LDP in die Hände spielte.

Der zweite Hauptgrund ist die Zersplitterung der Parteienlandschaft (12 Parteien traten an). Es war klar, das die Demokratische Partei deutlich Federn lassen würde; es konnte sich aber keine geschlossene, liberale Dritte Kraft daneben etablieren, um diese Stimmen aufzufangen.

Hinzu kommt, daß in Japan nicht jede Stimme gleich wert ist. So muß ein Kandidat in den Großstädten weit mehr (bis zu 2,4-fach mehr) Stimmen gewinnen, um ein Direktmandat zu erlangen, als in ländlischen Wahlkreisen. Dies begünstigt strukturell die LDP, deren Klienteln wie Bauern und Bauwirtschaft vor allem auf dem Land zu finden ist. Der Oberste Gerichtshof hat dieses System bereits bei der vergangenen Wahl als verfassungswidrig erklärt und die Parteien zur Abhilfe ermahnt. Bleibt abzuwarten, ob er sich traut, das Wahlergebnis diesmal für nichtig zu erklären; entsprechende Klagen wurden bereits eingelegt.

Ausschlaggebend war aber auch, daß es den etablierten Parteien, allen voran der LDP gelungen ist, das Thema „Atomkraft“ im Wahlkampf deutlich zu nivellieren und andere Themen wie nationale Sicherheit (z.B. Gebietskonflikte und Inselstreit mit China und Südkorea, Raketenstart von Nordkorea kurz vor der Wahl), Verfassungsänderung, und Wirtschaftspolitik (z.B. Freihandelsabkommen „Trans Pacific Partnership“, wachstumsorientierte Fiskal- und Geldpolitik / Inflationstarget) zu pushen. Es scheint, viele Japaner ließen sich von den Versprechungen der LDP verleiten und haben (wollten) Fukushima verdrängen und vergessen. Ich finde das beschämend.

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