Atomkraftwerk Gösgen
Das Atomkraftwerk Gösgen befindet sich seit 1979 in Betrieb und war das erstes AKW der 1.000-Megawatt-Klasse in der Schweiz. Es handelt sich um einen Druckwasserreaktor der damaligen deutschen Kraftwerk Union. Tausende Menschen protestierten gegen den Bau.
Schon kurz nach der Bekanntgabe des Projekts 1969 gab es kritische Stimmen, die die Sicherheit in Frage stellten. Die Nachbargemeinde Schönenwerd sprach sich damals gegen den Bau aus. Weil das Kraftwerk anfangs allein durch Flusswasser der Aare gekühlt werden sollte, dieses aber 1971 verboten wurde, stand das Projekt auf der Kippe. 1972 gab der damalige Betreiber Atel den Bau einer 150 Meter hohen Kühlturms bekannt.
Trotz zahlreicher Einsprachen von Einzelpersonen und Gruppen wurde Anfang 1973 der Bau bewilligt. Atomkraftgegner*innen versuchten daraufhin mit einer kantonalen Volksinitiative den Regierungsrat abzusetzen.
Gösgen gilt als Ausgangspunkt der Anti-Atomkraftbewegung der Schweiz
Ende Mai 1977 fand zu Pfingsten ein erster Protestmarsch zum Baugelände statt, rund 10.000 Menschen beteiligten sich. Am 25. Juni 1977 besetzten fast 3.000 Aktivist*innen die Zufahrten zum Baugelände. Rund 1.000 Polizisten aus der ganzen Schweiz stoppten die Demonstrant*innen mit Tränengas. Zwei Wochen später nahmen ca. 6.000 AktivistInnen an einem erneuten Besetzungsversuch teil, die Polizei setzte neben Tränengas auch Gummischrot und Wasserwerfer ein.
In der Folgezeit blieb politischer Druck gegen das AKW erfolglos. Am 3. November 1979 sprengten während der Anfahrphase des AKW Aktivist*innen die Verankerungen des Meteomast des Kraftwerks, ein 110 Meter hoher Stahlmast für Messgeräte ausserhalb der umzäunten Anlage, der auf die Umspann- und Schaltanlage des Kraftwerks fiel und einen großflächigen Stromausfall verursachte.
Kein Konzept für Atommülllagerung
1981 wurden zwar alle Beschwerden gegen das Kraftwerk abgelehnt. Dennoch wurde festgelegt, dass bis 1985 ein Projekt vorgelegt werden müsse, wie der Atommüll langfristig „sicher“ gelagert werden solle. Bundesrat Ritschard hielt unmissverständlich fest, dass das Kraftwerk andernfalls abgeschaltet werden müsse. Der Regierung gelang es nach Ritschard Tod die Abschaltung durch juristischen Spitzfindigkeiten zu umgehen. Bis heute hat die Schweiz keine Lösung für ihren Atommüll zu bieten.
Der Plan, neben der Anlage ein zweites AKW, Niederamt oder Gösgen II genannt, zu errichten, wurde nach der Fukushima-Katastrophe 2011 fallengelassen.
Im Dezember 2012 reichten der Trinationale Atomschutzverband (TRAS) und die Umweltorganisation Greenpeace Schweiz Klage gegen die Betreiber der Atomkraftwerke Leibstadt und Gösgen wegen Bilanzfälschung ein: Es gäbe Milliardenlöcher bei der Finanzierung der Nachsorgekosten. Ein Jahr später wurden die Anschuldigungen zurückgewiesen.
Der Grundsatzentscheid des Bundesrates vom 25. Mai 2011, nach Beginn der Fukushima-Katastrophe, aus der Atomenergie auszusteigen, wurde im Dezember 2014 gekippt. Jetzt heisst es: Gösgen soll so lange laufen, wie es die Aufsichtsbehörde ENSI für „sicher“ hält.