Atomkraftwerk Grohnde

Atomkraftwerk
Atomkraftwerk Grohnde
Foto: Jan Becker
Status:
außer Betrieb
Standort:
Grohnde
Kategorie:
Atomkraftwerk
Inbetriebnahme:
01. Sep 1984
Betriebsende:
31. Dez 2021

Atomkraftwerk in Niedersachsen, das bis zum 31. Dezember 2021 in Betrieb war. Während der Bauphase kam es zu heftigen Protesten gegen das Projekt. Für die Lagerung der verbrauchten Brennelemente befindet sich ein Zwischenlager neben dem AKW.

Grohnde ist ein Druckwasserreaktor mit einer Leistung von 1.430 Megawatt. Er wurde am 1. September 1984 in Betrieb genommen. Am 31. Dezember 2021 wurde der Reaktor gemäß der gesetzlichen Vorgaben endgültig abgeschaltet. Markant und schon von Weitem zu sehen sind die zwei Naturzug-Nasskühltürme mit einer Höhe von fast 140 Metern.

Mit teilweise gewalttätigen Aktionen wurde 1977 versucht, den Bau der Anlage zu verhindern. Am 19. März nahmen um die 20.000 Atomkraftgegner*innen an einer Demonstration teil, in dessen Verlauf das Baugelände gestürmt wurde. Es gab zahlreiche Verletzte bei der „Schlacht um Grohnde“. Im Juni 1977 errichteten Aktivist*innen am Baugelände ein „Anti-Atom-Dorf“, das von der Polizei im August geräumt wurde.

Ein tägliches Risiko

Trotz aller Bedenken der Reaktorsicherheitskommission und eines Beschlusses des TÜV, Werkstoffe mit einer Festigkeit von mehr als 360 Newton/mm2 nicht mehr zuzulassen, da dieser zu spontanen Rissbildungen neigt, wurde der damals bereits fertig gestellte Reaktordruckbehälter aus dem Stahl WStE51 eingebaut, der eine Festigkeit von 510 Newton/mm2 aufweist.

Mit seiner Abschaltung Ende 2021 war Grohnde Spitzenreiter der letzten AKW mit 280 meldepflichtige Ereignisse.

1985 wurde bei einer Revision entdeckt, dass das Notkühlsystem defekt war, da die Notkühlpumpen statt Wasser Gas enthielten.

„Die Atomkraft ist für unsere Region eine ständige Bedrohung.“ (Ralf Strobach, AKW Grohnde Abschalten)

Am Ostermontag 2011 beteiligten sich etwa 5.000 Menschen an einer Umzingelung des Kraftwerks.

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Foto: publixviewing.de
Proteste gegen MOX-Lieferung für Grohnde

Im September 2012 brachte ein Frachter britische MOX-Brennelemente von Sellafield zur deutschen Küste, die mit Lastwagen weiter zum AKW Grohnde transportiert wurden. Die Transporte wurden von Protesten begleitet.

Im EU-Stresstest wurden im Oktober 2012 Mängel am AKW Grohnde offengelegt: „Das Zeugnis der EU-Experten fiel generell nicht gerade positiv aus: Neben den fehlenden Erdbebenwarnsystemen wurden auch der fehlende Schutz der Reaktorgebäude bei starken Erdbeben sowie die lückenhaften Notfallpläne für schwere Unfälle bemängelt.“

20.000 bei „Katastrophen-Simulation“

Rund 20.000 Menschen beteiligten sich am 9. März 2013 aus Anlass des Fukushima-Jahrestages an einer „Katastrophen-Simulation“ rund um das AKW Grohnde. Es war eine der größten Demonstrationen gegen das Kraftwerk überhaupt. An weit mehr als 200 Punkten entlang der 380 km langen Strecke rund um ein angenommenes Evakuierungsgebiet fanden Flüchtlingstrecks statt, standen Dekontaminierungsstationen, beteiligten sich Landwirte und Kirchengemeinden an der Aktion. Im Anschluß fanden Kundgebungen in Hannover, Hildesheim, Göttingen, Detmold, Minden und Stadthagen statt.

Am 16. November 2013 wurden am AKW hunderte Luftballons steigen gelassen, die sich dann ebenso ausbreiteten, wie Radioaktivität nach einer Reaktorkatastrophe.

Am 19. Juni 2014 untersagte das niedersächsische Umweltministerium das Hochfahren des Reaktors nach einer Revision und schaltete die Staatsanwaltschaft ein, da der Verdacht aufkam, E.ON habe eine Schweißnaht an einer Armatur schlampig reparieren lassen, um das AKW schnellstmöglich wieder ans Netz zu bringen.

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Foto: publixviewing.de

2014 gab es einen Defekt an einem Generator sowie Schäden an den Niederhaltefedern der Drosselkörper.

Ab 2015 klagten Anwohner*innen gegen den Weiterbetrieb des AKW Grohnde. Niedersachsens Umweltminister Wenzel (Grüne) wurde aufgefordert, dem Betreiber die Betriebsgenehmigung zu entziehen. Das lehnte er jedoch ab.

2016 wurden Undichtigkeiten an Verschraubungen im Volumenregelsystem entdeckt. Eine von vier Nachkühlpumpen liess sich bei einer Prüfung nicht einschalten.

Ab Anfang 2017 forderten immer mehr Städte, Gemeinden und Kreise in der näheren und weiteren Umgebung um das Atomkraftwerk dessen Stilllegung. Fast 20 kommunale Körperschaften in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen verabschiedeten eine entsprechende Resolution.

Anfang 2017 stellte die Physikerin Oda Becker in einem Gutachten fest, dass Flugzeugabstürze oder terroristische Angriffe auf das AKW Grohnde in kurzer Zeit zu so hohen Freisetzungen führen, dass Anwohner tödlich bedroht sind.

Am 31. Dezember 2021 ging das Kraftwerk endgültig vom Netz. Mehr als 100 Atomkraftgegner*innen feierten diesen historischen Moment in der Silvesternacht in Grohnde. Am Tag zuvor projezierten Greenpeace-Aktivist*innen Anti-Atom-Slogans auf einen der Kühltürme.

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