Atomkraftwerk Temelin

Atomkraftwerk
Atomkraftwerk Temelin
Foto: IAEA
Status:
in Betrieb
Standort:
Temelin
Kategorie:
Atomkraftwerk
Inbetriebnahme:
10. Jun 2002

Das Atomkraftwerk Temelin in Tschechien ist ein vergleichsweise junges, wegen seiner vielen Störfälle aber besonders umstrittenes Kraftwerk.

Der Atomstandort befindet sich knappe 60 km von der deutschen Grenze entfernt. Dort befinden sich zwei russische Reaktoren in Betrieb. Wegen angeblicher „Energieprobleme“ sollten zwei weitere Blöcke errichtet werden, der Bau wurde aber abgebrochen. Der Ausbau sei „eine ökonomisch außerordentlich riskante Investition“, hieß es 2013. An einer in Österreich initierten Einwendungskampagne gegen die Ausbaupläne beteiligten sich mehr als 22.500 Menschen. Ein neuer Versuch für Ausschreibungen wurde 2015 gestartet, weil es keine privaten Investoren gibt, will die Regierung den Bau rechtswidrig staatlich subventionieren.

Melker Prozess

Der Betreiber der Anlage, der größte tschechische Energiekonzern ČEZ, wollte eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach europäischen Recht für die Blöcke 1 und 2 umgehen. Im September 2000 forderte der österreichische Nationalrat die Regierung einstimmig auf, einem Abschluss des Energiekapitels in den EU-Beitrittsverhandlungen mit Tschechien nicht zuzustimmen, solange nicht nachgewiesen ist, dass das AKW Temelin den europäischen Umwelt- und Sicherheitsstandards entspricht. In der Folge wurde ein Maßnahmenpaket („Melker Prozess“) für Temelín unterzeichnet. Der kommerzielle Betrieb des AKWs durfte erst aufgenommen werden, wenn alle Vereinbarungen umgesetzt sind. Die Anlage erhielt im November 2006 die endgültige Betriebsgenehmigung - nahm seinen kommerziellen Betrieb aber bereits 2002 (Block 1) bzw. 2003 (Block 2) auf.

Atomkraftgegner*innen kritisieren, dass es in den höchst sicherheitsrelevanten Punkten die versprochenen Nachrüstungen nicht gäbe. Die Hauptrisiken beim AKW Temelin betreffen die parallel laufenden hochenergetischen Leitungen auf der 28,8m-Bühne und die Sicherheitsventile, für die bis heute keine umfassende Qualifizierung nachgewiesen werden konnte.

Ein Gutachten des ehemaligen Abteilungsleiters Dieter Majer im Berliner Umweltministerium zeigte 2013, dass Schweißnähte zwischen dem Reaktordruckbehälter und dem Primärkreislauf von Block 1 nicht ordnungsgemäß oder widersprüchlich dokumentiert wurden. Das Gutachten geht auf eine Zeugenaussage über eine angeblich nicht fachgerecht korrigierte Rohrverbindung zurück.

„Ein großer Teil der erforderlichen Dokumentation kann nur herstellungsbegleitend belastbar erstellt werden. Wurde dies versäumt, so ist die erforderliche Qualität der betroffenen Schweißnähte nicht gewährleistet“, bekräftigt Majer im März 2017.

Proteste gegen das AKW

Am fünften Jahrestages der Katastrophe von Tschernobyl (1991) organisierten AtomkraftgegnerInnen eine große Protestaktion gegen das AKW Temelin, ein Marsch führte von Týn nad Vltavou bis zur Baustelle.

An einer Unterschriftenaktion im Jahr 2000 beteiligten sich 70.000 Menschen und forderten ein Referendum über das AKW. Zu einer parlamentarischen Abstimmung kam es nicht.

Aufgrund der räumlichen Nähe zum Kernkraftwerk Temelín leistet vor allem die Landesregierung von Oberösterreich seit Jahren Widerstand gegen diese Anlage, die sie als „Risikoreaktor“ bezeichnet.

Protestaktion vor dem AKW Temelin, Tschechien