Rückholung des Atommülls aus der Asse: Beschleunigen statt bremsen!

06.01.2015 | Jan Becker

Vor fast zwei Jahren wurde im Eilverfahren ein Sondergesetz zur Schließung des havarierten Endlagerbergwerks Asse-2 verabschiedet. Die „Lex Asse“ sollte die versprochene Räumung der 126.000 Fässer aus dem Lager beschleunigen. Doch AtomkraftgegnerInnen stellten gestern in einer Pressekonferenz fest, dass die verantwortlichen Behörden den Prozess bremsen.

Die AktivistInnen aus der Region nennen zahlreiche Beispiele, an denen sie das Fehlverhalten der Behörden als erwiesen ansehen. So sei die Suche nach einem oberirdischen Zwischenlager für die geborgenen Fässer ausgesetzt worden. Unter Tage würden bei derzeit laufenden Betonierungsarbeiten unzureichende Massnahmen zur Wasserableitung getroffen, was weitere Kontaminierung der Lauge bedeuten könnte. Durch eine „Faktenerhebung“ wolle der Betreiber seit fünf Jahren erste Erkenntnisse über den Zustand der Fässer im Inneren der Atommüllkammern gewinnen. Der auf drei Jahre angelegte Prozess, in dem eine Kammer angebohrt wurde und erste Gebinde geborgen werden sollten, sei immer noch nicht abgeschlossen. Warum ist unklar. Doch erst nach dieser „Faktenerhebung“ will die Behörde weitere konkrete Schritte für eine Räumung angehen.

Das BfS setze durch sein zögerliches Vorgehen die Rückholung aufs Spiel, meint Andreas Riekeberg vom Asse II – Koordinationskreis. Vorhandene Beschleunigungspotentiale würden ungenutzt bleiben. So könnte unter anderem unverzüglich mit dem Bau eines fünften Schachts „Asse-5“ begonnen werden, der sämtliche Arbeiten im Berg beschleunigen würde. Auch für die Rückholung bräuchte es diesen neuen Transportweg.

„Wir fordern demgegenüber das Bundesumweltministerium auf, das Bundesamt für Strahlenschutz als verantwortlichen Betreiber anzuweisen und in die Lage zu versetzen, die Bergung des Atommülls so zügig wie möglich in Angriff zu nehmen“, fordert Riekeberg. „Jedes verstreichende Jahr erhöht die Gefahr eines unkontrollierbaren Wassereinbruchs in die Schachtanlage Asse II.“

So richtig klar ist der Adressat der Forderungen allerdings zur Zeit nicht: Man wisse nicht, „ob die Bremser im BfS, im Bundesumweltministerium oder in der Atomlobby sitzen“, meint Udo Dettmann, ebenfalls vom Asse II-Koordinationskreis, in der „taz“. Und er warnt: Die Grube könne jederzeit und in wenigen Tagen volllaufen und einer Atommüll-Rückholung unmöglich machen.

Die kritischen Begleiter des Bergungsprozesses fordern seit fünf Jahren eine umfassende Rückholungsplanung, das niedersächsische Landesbergamt (LBEG) als verantwortliche Bergbehörde und das niedersächsische Umweltministerium einen Rahmenbetriebsplan für die Asse. Bisher sei aber nicht einmal der Auftrag zur Konzeptplanung vergeben worden.

Auf einer gestrigen Pressekonferenz in Hannover legten die Asse-KritikerInnen aktuelle Hintergrundinformationen vor und warfen zahlreiche Fragen auf.

weiterlesen:

  • Asse-2: Eiszeit zwischen BfS und Begleitgruppe
    12. Dezember 2014 — Wegen „anhaltenden Streitigkeiten“ zwischen dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und der Asse-2-Begleitgruppe ist die Suche nach einem Zwischenlager für die aus der Asse zu bergenden Abfälle vorerst gestoppt worden. Gleichzeitig erteilt das BfS der Arbeit an einer gemeinsamen Problemlösung eine Absage.
  • Entsorgungsdesaster: Tausende Atommüllfässer in Zwischenlagern sind beschädigt
    18. November 2014 — Verrostete und beschädigte Atommüllfässer, aus denen der Inhalt teilweise ausgelaufen ist. Umfangreiche Bergungskonzepte und unklare Entsorgungslösung. Im schleswig-holsteinischen AKW Brunsbüttel schien sich der Höhepunkt des Entsorgungsdesasters anzubahnen. Doch eine Recherche des NDR ergab: An anderen Orten ist der Zustand der Atommüllfässer nicht besser – sondern hat eher System.

Quellen (Auszug): taz.de, asse-watch.de, 04./05.1.2015

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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