Nach Notabschaltung: Stillstand in Gundremmingen

26.03.2015 | Jan Becker

Während der Revisionsarbeiten im Block B des Atomkraftwerks Gundremmingen in Bayern wurde am Mittwoch unplanmäßig auch Block C per Schnellabschaltung vom Netz getrennt. Mittlerweile ist Block C wieder hochgefahren – obwohl die Ursachen für die Notabschaltung noch vollkommen unklar sind.

Auslöser für die unplanmäßige und automatisch erfolgte Schnellabschaltung sind nach Auskunft des Betreibers RWE die Revisionsarbeiten am benachbarten Block B gewesen. Dort findet seit vergangenem Samstag unter anderem der jährliche Brennelementewechsel statt. Wegen der Arbeiten dort sei die Druckluftversorgung des Reaktors in Block C unterbrochen worden. Das Sicherheitkonzept sehe für diesen Fall die automatisch angeregte Reaktorschnellabschaltung vor – und diese sei laut Betreiber dann „ordnungsgemäß erfolgt“.

Die Druckluftzufuhr der Anlage ist zentraler Bestandteil des Sicherheitssystems, per Druckluft werden die Ventile der Schnellabschalt-Tanks geschlossen gehalten. Fällt die Anlage aus, werden Steuerstäbe in den Reaktor gedrückt und die Kernspaltung unterbrochen.

Bislang ist die eigentliche Ursache für den unerwarteten Stopp noch nicht gefunden worden, Block C aber dennoch am selben Tag dieser „Vollbremsung bei voller Fahrt“ wieder ans Netz gegangen.

Der ehemalige Bundesatomaufseher Dieter Majer hält dieses schnelle Wiederaufnahme für unverantwortlich – „weil etwas passiert ist, was eigentlich nicht passieren dürfte“, wird er in der „Südwest Presse“ zitiert. Technisch handle es sich nämlich um zwei eigentlich völlig voneinander getrennt arbeitende Reaktorsysteme, doch „offenbar gibt es aber Verknüpfungen zwischen beiden Anlagen, die es nicht geben darf“, so Majer. Das müsse aufgeklärt werden. Der Vorfall habe damit nichts mit Routine zu tun, „denn es ergibt sich aus ihm der Verdacht, dass es ein offensichtliches Sicherheitsproblem gibt“, resümiert Majer.

So einen Zwischenfall habe es noch nie im seit 1984 mit zwei Blöcken betriebenen AKW Gundremmingen gegeben, wissen AtomkraftgegnerInnen der lokalen Protestorganisation „FORUM“ und fordern umgehend eine Stilllegung beider Reaktoren:

„Nirgendwo sonst in Deutschland laufen noch die gefährlichen alten Siedewasserreaktoren“, warnt Raimund Kamm vom FORUM. „Und nirgendwo sonst in Deutschland werden noch zwei Reaktoren an einem Standort betrieben. Zwei Lehren von Fukushima, wo auch Siedewasserreaktoren betrieben wurden, sind: Unfälle in einem Reaktor können auch benachbarte Reaktoren in Mitleidenschaft ziehen. Und Siedewasserreaktoren, die nur einen Hauptkreislauf haben und deren Abklingbecken nicht durch den Sicherheitsbehälter geschützt werden, sind besonders riskant.“

weiterlesen:

  • RWE will volle Laufzeit für AKW Gundremmingen-B
    12. Februar 2015 — Die alten Meiler rechnen sich doch noch: Entgegen mancher Drohung kassiert RWE weiter kräftige Gewinne aus dem Betrieb der letzten beiden Siedewasserreaktoren in Deutschland. Deshalb denkt der Konzern auch nicht an einen früheren Atomausstieg in Gundremmingen. AtomkraftgegnerInnen fordern die sofortige Stilllegung der besonders unsicheren Reaktoren.
  • Unsicheres AKW Gundremmingen ist eine permanente Bedrohung
    8. Dezember 2014 — Auf eine 3 mit elf Nullen ist AKW-Betreiber RWE zur Zeit besonders stolz: Einer der beiden letzten Siedewasserreaktoren Deutschlands hat am 8. Dezember 2014 seit Betriebsbeginn diese Menge an Strom in Kilowattstunden erzeugt. Die Meiler in Gundremmingen gehören zu den unsichersten, die noch laufen dürfen.

Quellen (Auszug): atommuellager.de, swp.de, kkw-gundremmingen.de; 25./26.3.15

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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