Hochverstrahltes Brennelement im AKW Gundremmingen abgestürzt

10.11.2015 | Jan Becker

Eine „Eilmeldung“ musste der Betreiber des bayerischen Atomkraftwerks Gundremmingen an die Atomaufsichtsbehörde machen: An einem Brennelement löste sich beim Transport mit einem Kran das Brennstabbündel vom Brennelementkopf und „rutschte“ unkontrolliert in seine Lagerposition. Teilweise befindet sich der Atommüll schon seit fast 30 Jahren in den Becken.

Wie das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz berichtet, habe sich der Vorfall am 05.11.2015 gegen 10:30 Uhr ereignet. Der Betreiber wollte ein hochradioaktiv verstrahltes Brennelement im Brennelementlagerbecken in eine andere Lagerposition umsetzen. Als das Brennelement mit dem Brennelementgreifer in die vorgesehene neue Lagerposition abgesenkt wurde, habe sich das Brennstabbündel vom Brennelementkopf gelöst. Das Brennstabbündel „rutschte durch sein Eigengewicht in seine endgültige Lage“, der Brennelementkopf verblieb am Brennelementgreifer.

Das Vorkommnis wurde gemäß den deutschen Meldekriterien in die Kategorie E (Eilmeldung) eingestuft und musste der Aufsichtsbehörde innerhalb von 24 Stunden gemeldet werden. Es sei zu keiner Freisetzung von Radioaktivität aus den Brennstäben gekommen. Der Betreiber RWE spricht davon, dass nun „eine sichere Aufbewahrung (des Brennelements) gewährleistet ist“ und eine Gefährdung des Personals, der Umgebung oder der Anlage mit dem Ereignis „nicht verbunden“ war. Die Ursache für das Ablösen des Brennelementkopfes werde gemeinsam mit dem Hersteller „detailliert untersucht“.

Brennelemente fast 30 Jahre alt

Wie Recherchen der Grünen in Bayern Ende 2014 ergaben, befanden sich zum Zeitpunkt der Recherchen in den sogenannten Nasslagern im Inneren der beiden Gundremminger Meiler insgesamt 4.410 alte Brennstäbe, die ältesten seit 28 Jahren. Das Umweltministerium in München betonte in dem Zusammenhang, dass „alles in Ordnung“ sei. Eine alternative Verbringung des Atommülls aus den Lagerbecken in Castor-Behälter, um sie dann außerhalb der Anlage zwischenzulagern, sei nicht nötig. Könnte es sich also bei diesem aktuellen Vorfall um Materialversagen aufgrund des hohen Alters handeln?

Man muss offenbar wieder einmal von großem Glück sprechen, dass im AKW Gundremmingen nicht viel mehr passiert ist. Faktisch ist das hochradioaktive Brennelement unkontrolliert abgestürzt. Aus welcher Höhe das passierte, darüber schweigen sowohl Betreiber als auch Atomaufsicht. Auch über das Alter des Brennelements.

Raimund Kamm vom Forum „Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik“, der sich seit vielen Jahren gegen den Betrieb des alten AKW Gundremmingen einsetzt, äußerte sich gegenüber der „Heidenheimer Zeitung“ kritisch: Viele Fragen seien „unbeantwortet“ und der Vorfall „besorgniserregend“.

weiterlesen:

  • AKW Gundremmingen: Laufzeitverlängerung für die gefährlichsten Reaktoren
    12. Juni 2015 — Durch die Übertragung von Strommengen aus bereits stillgelegten Atomkraftwerken auf das bayerische AKW Gundremmingen ist dessen Weiterbetrieb gesichert worden. Eigentlich wäre die Betriebserlaubnis im kommenden Jahr erloschen. Denn es handelt sich um das „gefährlichste AKW Deutschlands“.
  • Unsicheres AKW Gundremmingen ist eine permanente Bedrohung
    8. Dezember 2014 — Auf eine 3 mit elf Nullen ist AKW-Betreiber RWE zur Zeit besonders stolz: Einer der beiden letzten Siedewasserreaktoren Deutschlands hat am 8. Dezember 2014 seit Betriebsbeginn diese Menge an Strom in Kilowattstunden erzeugt. Die Meiler in Gundremmingen gehören zu den unsichersten, die noch laufen dürfen.

Quellen (Auszug): swp.de, kkw-gundremmingen.de, stmuv.bayern.de; 5./6.11.2015

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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