Pressemitteilung

9. April 2013
Pressemitteilung von .ausgestrahlt

Atommüll: Vieles ist anders, als es scheint

Sechs Anmerkungen zum heutigen Atommüll-Gipfel

Politiker und Journalisten lieben historische Tage und angebliche Einigungen nach langem Streit. Doch der Streit um den Atommüll wird auch nach dem heutigen Tag – selbst bei einer Einigung auf ein Gesetz – unvermindert weitergehen – auch wenn Peter Altmaier heute etwas anderes behauptet. Die Entscheidung, wo der strahlende Abfall langfristig gelagert wird, fällt frühestens in 15 Jahren – und höchstwahrscheinlich nicht nach dem heute verabredeten Verfahren. Kommt es heute zu einem politischen Formelkompromiss, so ist dieser höchstens die Grundlage für kommende Auseinandersetzungen zwischen den Parteien und zwischen Staat und Bevölkerung. Aber trotzdem werden viele Medien melden, jetzt sei ein großer gesellschaftlicher Konflikt überwunden – nicht, weil es stimmt, sondern weil es so eine schöne Meldung ist.

Der baden-württembergische Ministerpräsident billigt der geplanten Enquete-Kommission laut seinen Interview-Äußerungen in der ARD nur zu, die Endlagersuche „kritisch zu begleiten“. Was Niedersachsen und der Bundesumweltminister vor zwei Wochen vereinbart haben, geht darüber weit hinaus. Danach soll die eigentliche Suche erst beginnen, wenn die Kommission Kriterien festgelegt und das Verfahren überarbeitet hat. Es wirft im Lichte der Ereignisse von Stuttgart 21 kein gutes Licht auf Kretschmann, dass er das nicht verstanden hat. Die Frage, welche Kompetenz die Enquete-Kommission bekommt, kann für die weitere Entwicklung entscheidend sein.

Es lohnt sich, einmal genauer hinzuschauen, wie derzeit in den Bundesländern Schleswig-Holstein, Hessen und Baden-Württemberg über die möglichen Castor-Transporte nach Brunsbüttel, Biblis oder Philippsburg diskutiert wird. Es geht dabei um Müll, der aus diesen AKW vor Jahren ins Ausland geschafft wurde. Und jetzt versuchen sich alle möglichen örtlichen Politiker damit zu profilieren, dass sie es für völlig abwegig halten, die Castoren bei sich aufzunehmen. Besonders hervor tun sich dabei jene, die nie ein Problem damit hatten, dass in Atomkraftwerken täglich hochradioaktiver Müll produziert wird. .ausgestrahlt lehnt es zwar auch ab, die Castoren jetzt zu AKWs zu bringen, sondern fordert die Verschiebung der Transporte, bis ein Standort für die langfristige Lagerung feststeht. So können Transportrisiken minimiert werden. Aber die Argumentation der Landespolitiker ist erschreckend.

Immer wieder wird argumentiert, der Salzstock Gorleben müsse im Verfahren bleiben, weil es sonst keine weiße Landkarte gäbe. Kein Standort dürfe im Vorfeld ausgeschlossen werden, weil sonst die anderen Bundesländer dem Neustart der Suche nicht zustimmen würden. Interessantes war dazu gestern auf in der Online-Ausgabe der Wirtschaftswoche zu lesen: „Als mögliche Standorte ausscheiden dürften Hessen, das Saarland, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Sachsen und die Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen.“ Grund sind die geologischen Gegebenheiten und die Bevölkerungsdichte in den Stadtstaaten. Wieso kann
dann Gorleben nicht jetzt schon aus den bekannten geologischen Gründen
ausscheiden?

Viel diskutiert wird in diesen Tagen auch die Frage, ob die Stromkonzerne die 1,6 Milliarden Euro, die sie bereits in Gorleben verbaut haben, zurückfordern werden, wenn der Standort ausscheidet und an anderen Orten neu gesucht wird. Relativ unbekannt ist dabei die Tatsache, dass die „Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe“ (DBE), die das Bergwerk in Gorleben ausgebaut hat, zu 75 Prozent den Stromkonzernen gehört. Eon, RWE und Co haben das Geld, das sie ausgegeben haben, zu einem beträchtlichen Teil schon längst wieder eingenommen.

In der aktuellen Debatte wird oftmals so getan, als ginge es beim Atommüll nur um in der Vergangenheit entstanden Probleme. Umweltminister Altmaier sagte kürzlich bei seinem Besuch im Wendland sogar, man hätte nie damit beginnen dürfen, Atommüll zu produzieren. Was dabei unterschlagen wird, ist die Tatsache, dass Tag für Tag in neun Reaktoren in Deutschland weiter hochradioaktive Abfälle anfallen – und dies nach derzeitiger Gesetzeslage bei den meisten AKW noch bis 2022. Trotz
Atomausstiegs-Beschluss ist Deutschland in der EU nach Frankreich das Land, das mir seinen Atomkraftwerken jährlich am zweitmeisten Atommüll produziert.

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Jochen Stay, Tel.: 0170-9358759
www.ausgestrahlt.de

.ausgestrahlt ist eine bundesweite Anti-Atom-Organisation, die AtomkraftgegnerInnen darin unterstützt, aus ihrer Haltung öffentlichen Protest zu machen.


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