Pressemitteilung

26. November 2011
Pressemitteilung von .ausgestrahlt

Rede Jochen Stay (.ausgestrahlt) auf Großkundgebung in Dannenberg am 26. November 2011

Redetext Jochen Stay - Es gilt das gesprochene Wort.

Liebe Freundinnen und Freunde,

Winfried Kretschmann, grüner Ministerpräsident von Baden-Württemberg, hat sich dieser Tage zum Konflikt um die Atomkraft und die Atommüll-Entsorgung geäußert. Er sagte: „Protest macht jetzt eigentlich keinen Sinn mehr.“ Denn jetzt sei der Ausstieg ja da.

Lieber Winfried Kretschmann. Genau das haben wir schon einmal gehört, vor zehn Jahren, von Jürgen Trittin. Und wir wissen, wie es damals ausgegangen ist: Viele sind im guten Glauben an den Ausstieg nicht mehr demonstrieren gegangen. Und so wurde der gesellschaftliche Raum freigegeben für die Laufzeitverlängerungs-Pläne der Atomkonzerne.

Lieber Winfried Kretschmann. Es ist der grünen Partei unbenommen, den gleichen Fehler zweimal zu machen. Aber verlang doch bitte nicht von uns, dass wir genauso bescheuert sind.

Liebe Leute, stellt Euch vor, ihr wärt Marathonläufer und kommt bei einem Rennen zu dem Schild auf dem steht „Noch zehn Kilometer bis zum Ziel“. Dann würde doch auch keiner zu Euch sagen: „Super Du hast es geschafft, ruh dich aus.“ Nein, jeder würde Euch anfeuern, damit Ihr nochmal alle Eure Kräfte zusammennehmt, um das Ziel möglichst schnell zu erreichen. Wir wollen unsere Ziele wirklich erreichen. Genau, deshalb sind wir heute hier.

Es gibt noch einen zweiten Politiker, der uns in diesen Tagen ungefragt Ratschläge erteilen will: Norbert Röttgen. Er sagt, mit der neuen Standortsuche sei das erreicht worden, was viele Gorleben-Kritiker jahrelang gefordert haben und er verstehe nicht, warum jetzt weiter demonstriert werde, als sei nichts geschehen.

Norbert Röttgen kann zwei Dinge besonders gut – und in ihrer Kombination sind sie brandgefährlich: Er kann salbungsvoll säuseln wie kein zweiter Politiker. Und er lügt wie gedruckt.

Neue Standortsuche. Zurück auf null. Weiße Landkarte. Wir haben es alle gehört. Aber dann wollte ich es genau wissen und habe in den Bundeshaushalt für 2012 geschaut. Da steht im Etat des Röttgen-Ministeriums: Für den weiteren Ausbau des Salzstocks in Gorleben sollen im nächsten Jahr 73 Millionen Euro ausgegeben werden. Und für die Suche nach Alternativen zu Gorleben drei Millionen.

In der CDU trägt Röttgen inzwischen den geheimen Kampfnamen Pinoccio. Nur das mit der Nase muss er noch üben.

Der Minister setzt genau das fort, was die Menschen hier seit bald 35 Jahren kennen: Wir sollen mal wieder ausgetrickst werden, über den Tisch gezogen. Aber nein, Herr Röttgen, nicht mit uns. Da haben sich hier schon ganz andere die Zähne ausgebissen. Wir geben nicht auf, bis dieser völlig ungeeignete Salzstock Gorleben endlich von Ihrer Landkarte verschwindet.

Viele Kommentatoren dachten, dass es nach der Stilllegung von acht AKW in diesem Sommer vorbei sei, mit dem Anti-Atom-Protest. Aber wir haben etwas gelernt in diesem Frühjahr: Wenn wir beharrlich und massenhaft für unsere Ziele eintreten, dann können wir sehr erfolgreich sein.

Und warum sollten wir damit aufhören, jetzt, da wir wissen, wie es geht? Deshalb lasst es Euch gesagt sein, ihr Brokdorf- und Grohnde-Betreiber, ihr Uran-Anreicherer in Gronau, ihr Exportförderer für deutsche Atomtechnik. Lasst es Euch gesagt sein, Ihr Asse- und Gorleben-Gesundbeter: Ihr werdet uns jetzt nicht mehr los, bis dieser ganze Wahnsinn ein Ende hat.

Und zuletzt ein Wort an all jene, die jetzt schon wieder vom Krieg um den Castor faseln, an all jene, die sich über einzelne geworfene Steine deshalb freuen, weil sich damit Polizeigewalt so schön rechtfertigen lässt, an all jene, die verbal Öl ins Feuer gießen und uns dann zur Besonnenheit und Gesetzestreue mahnen:

Die Wut und Empörung, die angesichts von 35 Jahren Lug und Trug um Gorleben angemessen wäre, ist unvorstellbar. Wenn wir die Steine, die uns im Magen liegen, auch werfen würden, dann wäre hier wirklich Krieg um den Castor. Deshalb ist es einzig und allein der Verdienst der Menschen in dieser Region und ihrer Freundinnen und Freunde aus der ganzen Republik, dass das hier weitgehend zivilisiert, weitgehend gewaltfrei und mit unendlicher Lebendigkeit vonstatten geht.

Wir gehen Euch nicht auf den Leim. Wir lassen uns nicht provozieren. Aber Ihr werdet uns vom Demonstrieren auf der Transportstrecke nicht abhalten können.

Wir werden da sein, wir werden viele sein – und unsere Ausdauer ist gigantisch. Zieht Euch warm an!

 


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