Dem Ausstieg entgegen - Die Zukunft ist erneuerbar!

Anti-Atom-Radtour Süd

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Foto: Jürgen Baumeister

Übersicht Südtour

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Routenverlauf

Kahl/Main (13.08) - Karlstein/Main (14.08) - Hanau (14.08) - Langen (14.08)  - Mörfelden-Walldorf (15.08)  – Büttelborn (15.08)  – Biblis (15.08) - Mannheim (16.08)  - Speyer (16.08)  - Philippsburg (17.08) - Karlsruhe (17.08)  - Heidelberg (18.08)  - Obrigheim (19.08) - Heilbronn (20.08) - Neckarwestheim (20.08) - Schwieberdingen (21.08) - Stuttgart (21.08) - Mutlangen(23.08) - Gundremmingen (24.08) - Ulm (25.08)  - Riedlingen (26.08) - Engen (27.08) - Benken (CH) (28.08) - Brugg (CH)(29.08) - Würenlingen (CH) (30.08) - Beznau (CH) (30.08) - Leibstadt (CH) (30.08) - Bad Säckingen (30.08) - Kaiseraugst (CH)(31.08) - Basel (CH) (31.08) - Fessenheim (F) (01.09) - Wyhl (02.09) - Freiburg (03.09) - Abschaltfest Freiburg (03.09.)

Das war die Anti-Atom-Radtour Süd:

Anreise nach Kahl/Main

Samstag, 13. August 2022

Kahl/Main: Erstes deutsches Leistungs-AKW

Die Südtour der Anti-Atom-Fahrradtour von .ausgestrahlt startete in Kahl am Main, wo 1960 mit der Inbetriebnahme des Versuchsatomkraftwerks Kahl (VAK) die kommerzielle Nutzung der Atomenergie in Deutschland ihren Anfang nahm. Genau genommen stand das AKW Kahl in der Nachbargemeinde Großwelzheim, das heute zu Karlstein am Main gehört. Nach über 25 Jahren Betrieb wurde das VAK im November 1985 stillgelegt. Der Abriss dauerte bis 2010 und damit ebenso lange wie der Betrieb. Er kostete mit 150 Millionen Euro wesentlich mehr als der Bau des Kraftwerks. Auf dem Gelände nahm im Oktober 1969 auch das Versuchsatomkraftwerk Großwelzheim, ein Prototyp eines Siedewasserreaktors, den Betrieb auf. Wegen konstruktiver Mängel an den Brennelementen war ein Betrieb bei voller Leistung jedoch nicht möglich. Aus diesem Grund wurde der Reaktor bereits im April 1971 wieder stillgelegt. Der Abriss dauerte bis 1998.

 

Anreisetag in Kahl/Main
Etappe 1: Kahl/Main über Karlstein/Main und Hanau bis Langen

Sonntag, 14. August 2022

 

Karlstein/Main: Framatome-Werk zur Herstellung von Brennelement-Komponenten

Von Kahl aus ging es nach Karlstein am Main zum Framatome Technical Center, das seit mehr als 50 Jahren Komponenten für Brennelemente und Kernbauteile herstellt. Von hier aus mischt die deutsche Tochterfirma des französischen Staatskonzerns Framatome in der ganzen Welt bei Atomkraftwerksprojekten mit.

Hanau: „Atomdorf“ mit vielen (stillgelegten) Atomfabriken, Atommüll-Lager

Nächster Stopp war in Hanau. Das „Hanauer Atomdorf“ war in den 1980er Jahren die größte europäische Ansammlung von Nuklearfirmen. Hier fertigten Nukem und verschiedene Tochterfirmen Brennelemente aus Uran, Plutonium und Thorium. 1987 erschütterte ein heftiger Skandal den Standort und die hessische Landesregierung: Dem Unternehmen Transnuklear wurde vorgeworfen, illegal radioaktiven Müll im belgischen Atomforschungszentrum Mol entsorgt zu haben, wo er unsachgemäß gehandhabt wurde. Zurück nach Deutschland kamen falsch deklarierte Fässer mit unbestimmtem Inhalt. Dabei sollen Bestechungsgelder in Millionenhöhe geflossen sein. Für das Atomdorf war der Skandal der Anfang vom Ende. Teile der Anlage wurden stillgelegt und ein geplantes Brennelementewerk zur Produktion von MOX-Brennelementen ging nicht in Betrieb. Nukem ist im bayerischen Alzenau bis heute im weltweiten Geschäft mit radioaktiven Abfällen und Brennelementen tätig. Der berüchtigte „Plutoniumbunker“ unmittelbar neben der Anlage zur Herstellung plutoniumhaltiger MOX-Brennstäbe wurde bis Mitte 2005 geleert und befindet sich im Abriss. Die einzige verbleibende Atom-Firma ist die Transnuklear-Nachfolgerin Orano NCS, auf deren Gelände sich zwei Atommüll-Lager befinden. Ausbauplänen konnte die Stadt Hanau einen Riegel vorschieben: Im Januar 2022 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass die Stadt der Orano NCS die Baugenehmigung für ein weiteres Atommüll-Zwischenlager verwehren darf. In Hanau gab es ab 1977 immer wieder Proteste; die größten 1986 nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und 1988 nach dem Transnuklear-Skandal.

Die Etappe endete in Langen, wo die Initiative „Langen gegen Atomkraft“ seit dem Reaktorunglück in Fukushima jeden Monat gegen Atomkraft protestiert.

 

Etappe 3: Biblis über Mannheim bis Speyer

Dienstag, 16. August 2022

Mannheim: Sitz des Atom-Baukonzerns Bilfinger, Deutschland-Niederlassung des US-Atomkonzerns Westinghouse

Die Etappe führte zunächst nach Mannheim. Der hier ansässige Industriedienstleister Bilfinger profitiert von der Entscheidung der EU-Kommission, Atomkraft als „grün“ zu deklarieren, denn er macht mit dem Bau, der Wartung und der Instandhaltung von Atomkraftwerken gute Geschäfte. Unter anderem hat er Großaufträge für den Bau des Atomkraftwerks Hinkley Point C in Großbritannien. Zudem beteiligt sich Bilfinger an der Stilllegung und am Rückbau von Atomkraftwerken. Auch die deutsche Tochter des US-Atomkonzerns Westinghouse, die Westinghouse Electric Germany, hat ihren Hauptsitz in Mannheim. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Anlagen- und Sicherheitstechnik in Atomkraftwerken, Sicherheitsanalysen und diverse Dienstleistungen im Bereich Atomtechnik. Im Jahr 2018 beauftragte Preussenelektra die Westinghouse Electric Germany und weitere Partner damit, die Reaktordruckbehälter-Einbauten ihrer deutschen AKW zu zerlegen. Auch an der Modernisierung der Steuer- und Kontrollsysteme im AKW Temelín (CZE) ist das Unternehmen beteiligt.

Verbrennung von „freigemessenen“ Atom-Abfällen im Müllheizkraftwerk

Von 2008 bis 2014 wurden 162 Tonnen Abfälle aus dem Atomkraftwerk Obrigheim „freigemessen“ und im Müllheizkraftwerk Mannheim verbrannt. Bei diesen Abfällen, die aus dem Betrieb und dem AKW-Abriss stammen, musste eine sogenannte „Freimessung“ nachweisen, dass die radioaktive Belastung Grenzwerte unterschreitet – allerdings sind diese Grenzwerte politisch festgelegt und bedeuten nicht, dass von dem Müll keine Gefahr mehr ausgeht. Denn inzwischen ist klar, dass radioaktive Strahlung auch unterhalb von Grenzwerten gesundheitliche und genetische Schäden verursachen können. Die Freimessung ist in Deutschland trotzdem Alltag.

Gas-Großverbraucher BASF

Die Radtour führte anschließend über den Rhein nach Ludwigshafen. Der hier ansässige Chemie-Konzern BASF gehört zu den größten Gasverbrauchern Deutschlands. Allein das Werk in Ludwigshafen verbraucht soviel Gas wie die gesamte Schweiz. Wer die Gas-Krise ernsthaft lösen will, muss bei solchen Großverbrauchern ansetzen. Allein dieser Standort könnte nach Aussagen von BASF-Chef Brudermüller mit reduziertem Betrieb doppelt so viel Gas einsparen, wie die deutschen AKW beim Weiterbetrieb bestenfalls erzeugen könnten. Weitere solche Großverbraucher sind die Kunstdüngerfabrik Yara in Brunsbüttel oder die Chemieparks in Nordrhein-Westfalen.

 

Etappe 3: Biblis über Mannheim bis Speyer
Etappe 4: Speyer über Philippsburg bis Karlsruhe

Mittwoch, 17. August 2022

AKW Philippsburg

Weiter ging es nach Philippsburg. Einzigartig am Atomkraftwerk Philippsburg ist, dass hier ein Siede- und ein Druckwasserreaktor an einem Standort liefen. Ursprünglich sollten hier vier identische Blöcke entstehen, von denen aber nur der erste als Siedewasserreaktor gebaut wurde. Block 2 wurde 1977 als Druckwasserreaktor ausgeführt. Block 1 ging nach dem Reaktorunfall von Fukushima vom Netz, Block 2 erst am 31. Dezember 2019. Philippsburg 2 schrieb wegen verschiedener schwerwiegender Probleme Geschichte. So wurde 2017 bekannt, dass der Reaktorblock nicht gegen Erdbeben und Flugzeugabstürze gesichert war und so nie hätte gebaut werden dürfen: Wegen eines Fehlers im Bauplan hätte es im Ernstfall durch Ausfall der Notkühlung zur Kernschmelze kommen können. Sowohl der Betreiber EnBW als auch die Atomaufsicht gingen jahrzehntelang von völlig falschen Sicherheitsannahmen aus. Der Abriss der beiden Reaktorblöcke läuft aktuell; dabei sollen große Mengen Abbau-Schrott auf Hausmüll-Deponien landen. Die weithin sichtbaren Kühltürme wurden im Mai 2020 gesprengt. Das Standort-Zwischenlager soll bis 2024 fünf Castor-Behälter aus der Plutoniumfabrik in La Hague (F) aufnehmen. Die Gemeinde und der Betreiber wehren sich dagegen.

In Karlsruhe endete die Etappe. Dort beschäftigen sich derzeit vier Gruppen in dem Bündnis „Anti-Atom-Karlsruhe“ mit dem Thema Atompolitik und auch mit dem AKW Philippsburg. Alle kämpfen für den vollständigen Ausstieg aus der industriellen Atomenergie.

 

Etappe 4: Speyer über Philippsburg bis Karlsruhe
Etappe 5: Karlsruhe bis Heidelberg

Donnerstag, 18. August 2022

Ziel der Etappe war Heidelberg. Alle, die in Heidelberg einen Ruhetag einlegen wollten, konnten einen Bahntransfer nutzen (Etappe 5b).

 

Etappe 5: Karlsruhe bis Heidelberg
Etappe 6: Heidelberg bis Obrigheim

Freitag, 19. August 2022

Obrigheim: AKW-Abriss

Von Heidelberg ging es weiter nach Obrigheim. Das Atomkraftwerk Obrigheim ging 1968 in Betrieb und war zum Zeitpunkt seiner Abschaltung im Mai 2005 das älteste und kleinste aller noch in Betrieb befindlichen kommerziellen deutschen AKW. Wegen seines hohen Alters, der erdbebengefährdeten Lage am Rheingraben sowie des mangelnden Schutzes vor Flugzeugabstürzen und terroristischen Angriffen war es besonders in der Kritik. 1989 wurde festgestellt, dass dem Kraftwerk eine Dauerbetriebsgenehmigung fehlt. Daraufhin ging die Anlage eine Weile lang vom Netz, dann aber doch wieder in Betrieb. Die Initiative „AtomErbe Obrigheim“ kritisiert den Betreiber RWE wegen mangelhafter Transparenz im Abrissverfahren. Große Mengen Abbaumaterial sollen „freigemessen“ und in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden. Als absolutes Novum in Deutschland wurden 2017 die hochradioaktiven Brennelemente aus dem AKW Obrigheim per Binnenschiff ins 50 Kilometer entfernte Standort-Zwischenlager am AKW Neckarwestheim transportiert. Zahlreiche Protestaktionen begleiteten die Schiffstransporte. Insgesamt wurden bis Ende 2017 fünfzehn Behälter mit 342 Brennelementen aus dem AKW Obrigheim in Neckarwestheim angeliefert.

 

Etappe 6: Heidelberg bis Obrigheim
Etappe 7: Obrigheim über Heilbronn bis Neckarwestheim

Samstag, 20. August 2022

Heilbronn: Atomschutt-Deponie

Erster Stopp auf dieser Etappe war Heilbronn. An die Deponie Vogelsang im Landkreis Heilbronn sollen voraussichtlich 1.050 Tonnen Atomschutt aus dem Atomkraftwerk Neckarwestheim I abgegeben werden. Grundsätzlich ist dies auch für circa 8.000 Tonnen aus Neckarwestheim II vorgesehen, obwohl bestätigt ist, dass Radioaktivität in jedem Fall schädlich ist, auch wenn sie unterhalb der politisch festgelegten Grenzwerte bleibt. Gegen die Anlieferung wehrt sich vor Ort das Aktionsbündnis „Energiewende Heilbronn“.

Neckarwestheim: noch laufendes AKW, AKW-Abriss und Zwischenlager

Die Etappe endete in Neckarwestheim. Am 12. März 2011, einen Tag nach Beginn des Super-GAU von Fukushima, bildeten 60.000 Menschen eine 45 Kilometer lange Menschenkette von Neckarwestheim bis in die Landeshauptstadt Stuttgart und forderten den Atomausstieg. Wenige Tage später wurde das Atomkraftwerk Neckarwestheim I für immer abgeschaltet. Zuvor sorgte der Reaktorblock in seinen 35 Betriebsjahren immer wieder für heftige Auseinandersetzungen. Er gehörte zu den gegen einen terroristischen Flugzeugangriff am wenigsten geschützten Anlagen in Deutschland. Das Atomkraftwerk Neckarwestheim II ist das jüngste der noch laufenden deutschen Atomkraftwerke, doch nach einer Laufzeit von mehr als 30 Jahren nimmt auch hier das Risiko schwerer Störfälle zu. Das Kraftwerk ging 1989 ans Netz und wird erst Ende 2022 abgeschaltet. 2019 wurden bei der jährlichen Revision zum dritten Mal in Folge Schäden in den Dampferzeugern aufgedeckt. Fast 300 Rohre wiesen zum Teil tiefe Risse auf. Expert*innen warnen, dass ein Bruch dieser Rohre einen Störfall bis hin zur Kernschmelze auslösen könnte. Außerdem ist die Region erdbebengefährdet und das Atomkraftwerk steht auf geologisch instabilem Grund: Damit die Fundamente nicht absinken, müssen ständig große Mengen an Grundwasser abgepumpt werden. Dadurch wird eine Gipsschicht ausgelaugt, wodurch Hohlräume entstehen, die spontan einstürzen können. Beim Abriss sollen ca. 331.000 Tonnen Material anfallen.

Atomkraftgegner*innen, beispielsweise vom Aktionsbündnis „CASTOR-Widerstand Neckarwestheim“ [https://neckarwestheim.antiatom.net], die BI „AntiAtom Ludwigsburg“ und der „Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar“ kritisieren, dass ein Großteil des schwachradioaktiven Mülls „freigemessen“ werden soll und so in den Wertstoffkreislauf gelangt.

 

Etappe 7: Obrigheim über Heilbronn bis Neckarwestheim
Etappe 8: Neckarwestheim über Schwieberdingen bis Stuttgart

Sonntag, 21. August 2022

Ingersheim: Das Windrad und die Hochschulforschung

Von Ilsfeld ging es zunächst nach Ingersheim. Dort steht das große Windrad der „Energiegenossenschaft Ingersheim und Umgebung“. Nach mehr als 10 Jahren „Planungszeit“ dreht es sich seit April 2012. Und nun können die Mitglieder auf 10 Jahre eines erfolgreichen Betriebes zurückblicken. Weshalb ist dieses Projekt so erfolgreich? 2018 und 2019 waren 3 Forschungseinrichtungen verschiedener Universitäten vor Ort. Was sind die Ergebnisse ihrer Messungen zu Schallemissionen und Bodenerschütterungen durch den Betrieb? Wie beurteilen Akteure der Windenergie die derzeitige politische Entwicklung?

Stuttgart: Sitz der Atomaufsicht BaWü, Anti-Atom- trifft Obenbleiben-Bewegung

Die Etappe endete in Stuttgart, dem Sitz der Atomaufsicht von Baden-Württemberg. Eine Besonderheit von Baden-Württemberg:  Seit 2011 ist Winfried Kretschmann von den Grünen dort Ministerpräsident. Trotzdem gehört das AKW Neckarwestheim II mit Isar 2 und Emsland zu den deutschen Atomkraftwerken, die zuletzt abgeschaltet werden – obwohl das Land  46,75 Prozent der Anteile von EnBW hält.

Ebenfalls hier ansässig ist das Bahnprojekt Stuttgart 21 für den Umbau vom oberirdischen Kopfbahnhof zum unterirdischen Durchgangsbahnhof. Das Bauvorhaben war so umstritten wie kaum ein anderes in Deutschland. Die Protestbewegung erfuhr aufgrund von Großdemonstrationen und Protestaktionen sowie eines eskalierten Polizeieinsatzes im September 2010 im Schlossgarten („Schwarzer Donnerstag“) bundesweite Aufmerksamkeit. Die Mahnwache gegen Stuttgart 21 ist seit Juli 2010 rund um die Uhr besetzt; während der Corona-Pandemie wurde sie phasenweise im Internet abgehalten. Ähnlich der Anti-Atom-Bewegung zeichnen sich die Stuttgart21-Proteste durch große Ausdauer und Intensität aus. Der gewaltfreie zivile Ungehorsam, den die Menschen bei den Protesten gegen die Castor-Transporte kennengelernt hatten, kam auch hier zum Einsatz. Eine weitere Parallele ist der entschlossene zivilgesellschaftliche Protest gegen ein gigantisches Projekt, das die Politik gegen jede Vernunft durchsetzen will. Viele Castor-Gegner*innen protestierten auch gegen Stuttgart 21, und beim Castor-Transport im November 2010 wurden in Gorleben Schilder mit der Aufschrift „Gorleben 21“ hochgehalten. Die Organisation „Strom ohne Atom“, die sich in Stuttgart gegen Atomkraft einsetzt, ist Mitglied im „Bund der Bürgerinitiativen Mittlerer Neckar“.

 

Etappe 8: Neckarwestheim über Schwieberdingen bis Stuttgart

Montag, 22. August 2022

Aktionstag in Stuttgart
Aktionstag in Stuttgart
Etappe 9: Stuttgart bis Mutlangen

Dienstag, 23. August 2022

Mutlangen: Ex-Atomwaffenstandort, Anti-AKW- trifft Friedensbewegung

Nächster Halt der Anti-Atom-Radtour von .ausgestrahlt war Mutlangen. Aufgrund des NATO-Doppelbeschlusses von 1979 stationierte die US-Armee von 1983 bis 1990 Mittelstreckenraketen vom Typ Pershing-II in der Mutlanger Heide. In Mutlangen blockierten Demonstrant*innen immer wieder die Zufahrt zum US-Camp. Die „Pressehütte Mutlangen“ wurde zum Anlaufpunkt für die Friedensdemonstrant*innen und Ausgangspunkt für die Raketenverfolgung und viele Aktionen. Mit der Stationierung der nuklearen Mittelstreckenraketen im November 1983 wurde sie Unterkunft für die Mitglieder der „Dauerpräsenz“. Jochen Stay war hier von 1986 bis 1988 Teil des Presseteams. Bei den gewaltfreien Blockaden der Friedensbewegung wurden 3.000 Menschen festgenommen. Die meisten wurden zu Geldstrafen verurteilt; 200 gingen ins Gefängnis. Die Verurteilungen wurden in den 1990er Jahren vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben, als die Atomraketen schon abgezogen waren. In Mutlangen kehrte wieder Ruhe ein. Die „Pressehütte“ ist noch heute Treffpunkt für Menschen, die Schritte in Richtung einer friedlicheren und gerechteren Welt machen wollen. Ausstellungsstücke erinnern an den Erfolg des gewaltfreien Protests. Die Friedenswerkstatt Mutlangen e.V. hat hier ihr Vereinsbüro. Sie engagiert sich für Gewaltprävention und Zivilcourage, sowohl im näheren gesellschaftlichen Umfeld als auch in internationalen Konflikten.

 

Etappe 9: Stuttgart bis Mutlangen
Etappe 10: Mutlangen bis Gundremmingen

Mittwoch, 24. August 2022

Gundremmingen: AKW-Abriss und Zwischenlager

Von Mutlangen ging es nach Gundremmingen. Block A des Atomkraftwerks Gundremmingen war 1966 der erste zur industriellen Stromerzeugung genutzte Reaktor der Bundesrepublik und das damals weltweit größte AKW. Nach nur zehn Betriebsjahren wurde es 1980 stillgelegt. Mit der Inbetriebnahme der baugleichen Reaktoren B und C, (jeweils mit 1.344 Megawatt Leistung), war das AKW ab 1984 das leistungsstärkste deutsche Atomkraftwerk. Block B lief gemäß „Atomkonsens“ bis Ende 2017, Block C bis Ende 2021. Damit war Block C der letzte in Deutschland betriebene Siedewasserreaktor. Diese galten als besonders gefährlich, weil sie mit nur einem Kühlkreislauf ausgerüstet waren. Schon 1979 demonstrierten über 5.000 Bürger*innen gegen die Genehmigung der Blöcke B und C. Im April 1989 traf sich zum ersten Mal die bis heute stattfindende Mahnwache Gundremmingen vor den Toren des AKW. Mit 40.000 Einwendungen versuchten Atomkraftgegner*innen 1995 vergeblich, den Einsatz von Plutonium-Mischoxid-Brennelementen zu verhindern. Unter dem Motto „Wer B sagt muss auch C sagen“, kamen 2017 über 50.000 Unterschriften für die sofortige Stilllegung beider Meiler zusammen. Auch in Block C beginnt nun der Abriss, der Jahrzehnte dauern wird. Doch mit der Abschaltung ist das Atomzeitalter noch lange nicht zu Ende.

Neben dem Atomkraftwerk Gundremmingen wurde ein Standort-Zwischenlager für die Lagerung von maximal 192 Castor-Behältern mit hochradioaktiven Abfällen gebaut. Es ist damit Deutschlands größtes Atommüll-Lager. Die Genehmigung gilt noch bis 2046 – ein tiefengeologisches Lager für Atommüll wird bis dahin nicht in Betrieb gehen.

Der Verein FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V. kämpft gegen den Betrieb des Atommüll-Lagers und für den Schutz der Bevölkerung und setzt sich für eine nachhaltige Energieversorgung ein.

 

Etappe 10: Mutlangen bis Gundremmingen
Etappe 11: Gundremmingen bis Ulm

Donnerstag, 25. August 2022

Ulm: Teilgebiet der Standortsuche

Weiter ging es nach Ulm. Die Region Ulm und Neu-Ulm hat einerseits ein großes oberirdisches Atommüll-Lager in der Nachbarschaft und ist andererseits Modellregion und Testgebiet für ein unterirdisches Atommüll-Lager.

Sie lebt im Spannungsfeld eines jetzt schon immer gefährlicher werdenden oberirdischen Atommüll-Lagers in der Nachbarschaft am Standort Gundremmingen – mit einem vollen Brennelemente- Nasslager und zusätzlich 79 Castoren im Trockenlager, in denen ein Vielfaches des radioaktiven Inventars aufbewahrt wird, das der Reaktorunfall von Tschernobyl frei gesetzt hatte – einerseits.

Andererseits ist die Schwäbische Alb in der Nachbarschaft ein Testgebiet für die Entwicklung wissenschaftlicher Methoden auf der Suche nach einem unterirdischen „Endlager“ für Atommüll. Sie ist eine von insgesamt vier Modellregionen, in denen die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) eigene wissenschaftliche Methoden für die Untersuchung potentieller Standorte für ein tiefengeologisches Lager entwickeln will – zunächst nur vom Schreibtisch aus, später eventuell auch mit Bohrungen und Messungen von Erdbewegungen. Sie ist das Teilgebiet 1, das von Aalen bis Biberach und von Münsingen bis ins bayerische Dillingen an der Donau reicht. Die BGE betont, dies sei noch keine Vorauswahl. Alle schon vorgestellten 90 Teilgebiete seien nach wie vor mögliche Standorte  für ein atomares Endlager in Deutschland. Das Aktionsbündnis Region Ulm/Neu-Ulm begleitet diesen Prozess kritisch.

Mehr Informationen dazu bei: www.bund-bawue.de/themen/mensch-umwelt/atomkraft/atommuell-und-endlagersuche/
oder www.ippnw-ulm.de oder www.naturfreunde-ulm.de

 

Etappe 11: Gundremmingen bis Ulm
Etappe 12: Ulm bis Riedlingen

Freitag, 26. August 2022

Riedlingen: Teilgebiet der Standortsuche

Die Etappe endete in Riedlingen. Diese Region tauchte schon 2006 in einem Gutachten („Tongesteinsstudie“) als möglicher Standort für ein tiefengeologisches Atommüll-Endlager auf. Auch die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) hält ein dauerhaftes Atommüll-Lager in der Region für möglich. Doch die Stadt Riedlingen und der Regionalverband Donau-Iller haben Bedenken. Das Landesamt für Geologie sieht Fragen der Erdbebensicherheit und möglicher vulkanischer Aktivitäten als größte Hindernisse. Das Tongestein im Südwesten, das sich bis in die Schweiz hinein zieht, kommt deshalb aus Sicht der Geolog*innen größtenteils nicht für ein atomares Endlager infrage.

 

Etappe 12: Ulm bis Riedlingen
Etappe 13: Riedlingen bis Engen

Samstag, 27. August

 

Engen: Teilgebiet der Standortsuche

Auch die Stadt Engen im Hegau, wo diese Etappe endete, gehört zum Teilgebiet 1 bei der Standortsuche für ein Atommüll-Lager. Obwohl es in der Region nachweislich Erdbeben gibt – zuletzt 2016 – gilt der hier vorherrschende Opalinuston als geeignetes Wirtsgestein für ein Atommüll-Endlager. Dabei hatte eine Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 2007 die Barriere-Eigenschaften im Umkreis der vulkanischen Eruptionsröhren und daher die Eignung in Frage gestellt. Nun soll der Hegau sogar eine „Modellregion“ werden, in der die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) untersucht, welche Kriterien bei der Suche angewendet werden können und mit welchen Methoden man die Sicherheit bewerten kann. Das Teilgebiet erstreckt sich über Gebiete der Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern.

 

Etappe 13: Riedlingen bis Engen
Etappe 14: Engen bis Benken (CH)

Sonntag, 28. August 2022

Benken: Mögliches Schweizer Atommüll-Tiefenlager

Bei dieser Etappe ging über die Grenze in die Schweiz. Seit 1996 untersuchen Seismolog*innen, Hydrogeolog*innen und Gesteinschemiker*innen in der Region zwischen Schaffhausen und Zürich die Erdschichten: Nur wenige Kilometer vom Rheinfall entfernt könnte das geplante Schweizer „Endlager“ für hochradioaktive Abfälle entstehen. Daraufhin formierte sich unter dem Motto „Bedenken gegen Benken“ zuerst auf Schweizer und dann auch auf deutscher Seite der Widerstand. Sie wollten ein tiefengeologisches Lager in Benken (CH) – ein „Gorleben am Hochrhein“ – verhindern, unter anderem auch durch eine Klage vor den Schweizer Gerichten. In der Schweiz ist die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) von den Verursachern radioaktiver Abfälle beauftragt, Lösungen für die langfristige Lagerung zu erarbeiten und umzusetzen. Für die Endlagerung wird gegenwärtig Opalinuston als Wirtsgestein favorisiert. Atomgegner*innen wie die Initiative „Klar! Schweiz“ und Klar! e.V. kritisieren dies als nicht nachvollziehbar, denn die Tonschicht sei sehr dünn und die Folgen von Wärmeentwicklung auf das Gestein nicht ausreichend untersucht.

Derzeit betreibt die Schweiz an drei Standorten vier Reaktorblöcke mit einer installierten Bruttogesamtleistung von 3.095 Megawatt. Der Ausstieg aus der Atomenergie ist beschlossen, doch die Reaktoren sollen erst in den kommenden 20 Jahren stillgelegt werden. Allerdings werden am Ausstieg immer wieder Zweifel laut.

 

Etappe 14: Engen bis Benken (CH)
Etappe 15: Benken (CH) bis Brugg (CH)

Montag, 29. August 2022

Brugg: Schweizer Atomaufsicht ENSI

Weiter ging es nach Brugg (CH). Die Stadt ist der Sitz der Schweizer Atomaufsicht, dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI. Sie sieht die vier noch laufenden AKW-Blöcke „in einem sicherheitstechnisch guten Zustand“. Insgesamt wurden 2021 allerdings 25 meldepflichtige Vorkommnisse gemeldet, darunter eine Reaktorschnellabschaltung im November 2021 im AKW Gösgen. Im April 2021 wurde bekannt, dass das ENSI unterlassen hat, vom AKW Beznau einen zusätzlichen Sicherheitsnachweis für mittelschwere Erdbeben einzufordern.

Seit Beginn der Katastrophe von Fukushima, also seit März 2011, demonstriert eine Gruppe engagierter Atomkraftgegner*innen von der ENSI-Mahnwache vor dem Gebäude des ENSI in Brugg gegen den unbefristeten Weiterbetrieb der Uraltreaktoren in Beznau, den beiden ältesten Reaktoren der Welt überhaupt. Sie gehören zu den gefährlichsten Reaktoren Europas.

 

Etappe 15: Benken (CH) bis Brugg (CH)
Etappe 16: Brugg (CH) bis Bad Säckingen

Dienstag, 30. August 2022

über Würenlingen (CH), Beznau (CH), Leibstadt (CH) und Laufenburg

Würenlingen: Kernforschungszentrum, zentrales Atommüll-Zwischenlager

Erster Stopp des Tages war Würenlingen (CH). Dort befindet sich das Schweizer Atomforschungszentrum Paul-Scherrer-Institut und direkt daneben das zentrale Atommüll-Lager der Schweiz („Zwilag“) für schwach-, mittel- und hochaktive Abfälle. Darin lagern auch Castor-Behälter mit hochradioaktivem Strahlenmüll aus den Schweizer Atomkraftwerken und aus der Wiederaufarbeitung im Ausland. Seit 2001 werden verbrauchte Brennelemente und sonstige radioaktive Abfälle sukzessive ins Zwischenlager in Würenlingen transportiert. Wie in Deutschland wird es auch in der Schweiz noch Jahrzehnte dauern, bis ein geologisches Tiefenlager in Betrieb geht. So lange lagern die hoch radioaktiven Abfälle weiterhin im Zwilag.

Beznau: AKW

Weiter ging es nach Beznau (CH), wo das älteste Atomkraftwerk der Welt steht, das noch in Betrieb ist. Block 1 produziert seit 1969 Atommüll. Wie auch der baugleiche Block 2 steht er wegen Rissen im Reaktorbehälter besonders in der Kritik. Die Anlage verfügt über eine unbefristete Betriebsgenehmigung. 2015 wurden bei Wartungsarbeiten etwa 1.000 Schwachstellen entdeckt – sie sollen aber, weil sie schon seit der Inbetriebnahme bestehen, „keine Gefahr“ darstellen. Eigentlich sollten die Reaktoren 2019 bzw. 2022 vom Netz gehen. Im Dezember 2014 wurde die Entscheidung gekippt: Beznau 1 und 2 werden nach aktuellen Planungen erst 2029 und 2031 nach jeweils 60 Jahren Betrieb vom Netz gehen.

Leibstadt: AKW

Als jüngstes Atomkraftwerk der Schweiz ist das AKW Leibstadt seit 1984 am Netz. Mit seinem 144 Meter hohen Kühlturm ist das AKW weithin sichtbar. Trotz ungelöster Probleme mit der Kühlung der Brennelemente will der Betreiber den Meiler 60 Jahre lang laufen lassen. 2016 wurde an zahlreichen Brennstäben Oxidation festgestellt; zur Ermittlung der Ursache stand die Anlage lange still. Anfang 2017 forderten mehr als 16.000 Menschen in einer Petition von der ENSI: „AKW Leibstadt soll nicht ans Netz“. Trotzdem durfte das AKW 2017 wieder in Betrieb gehen. Erst mit der Auflage, die Gesamtleistung auf 90 Prozent zu reduzieren. Seit 2021 ist das AKW Leibstadt  wieder zu 100 Prozent in Betrieb. „Fokus AntiAtom“ arbeitet genau wie die Initiative „Klar! Schweiz“ und die ENSI-Mahnwache zu allen noch laufenden AKW in der Schweiz.

Die Etappe endete in Bad Säckingen.

 

Etappe 16: Brugg (CH) bis Bad Säckingen
Etappe 17: Bad Säckingen über Kaiseraugst (CH) bis Basel (CH)

Mittwoch, 31. August 2022

Kaiseraugst (CH): AKW verhindert

Nächster Halt der Radtour war in Kaiseraugst (CH) im Schweizer Kanton Aargau, wo ein geplantes Atomkraftwerk am erbitterten Widerstand der regionalen Bevölkerung und der Anti-Atom-Bewegung scheiterte. Auseinandersetzungen über das Atomkraftwerk Kaiseraugst gab es seit den frühen 1970er Jahren. Besonders eindrücklich war 1975 eine elf Wochen andauernde Besetzung des Baugeländes durch bis zu 15.000 Menschen. Mit diesem Protest behinderten sie die bereits begonnenen Aushubarbeiten, so dass der Baubeginn verschoben werden musste. Im Februar 1979 wurde der Informationspavillon des geplanten Atomkraftwerks gesprengt; 2021 bekannte sich der Aktivist Giorgio Bellini zu der inzwischen verjährten Tat. Nach vielen Änderungen in den Planungen ließ die Politik das Projekt 1987 aus „politischen, staatsbürgerlichen und gesellschaftlichen Gründen“ fallen. Das gesamte Projekt kostete schätzungsweise 1,3 Milliarden Schweizer Franken.

Basel (CH): Stadt mit Anti-Atom-Geschichte

Ziel der Etappe war Basel (CH). Die Stadt blickt auf eine lange Anti-Atom-Geschichte zurück. Die Kantone Basel-Land und Basel-Stadt haben „Atomschutzgesetze“, nach denen sie sich dafür einsetzen müssen, dass auf ihren Gebieten und in der Nachbarschaft keine Atomkraftwerke oder Lagerstätten für mittel- und hochradioaktive Rückstände errichtet werden. In Basel-Stadt darf sich der städtische Energieversorger nicht an Atomkraftwerken beteiligen. Er beliefert seine Kund*innen seit Ende der 1990er Jahre ausschließlich mit AKW-freiem Strom, vor allem aus eigenen Wasserkraftanlagen in der Schweiz. Im Staatsarchiv Basel-Stadt liegen die Unterlagen der ehemaligen Dokumentationsstelle Atomfreie Schweiz. Sie wurde 2015 vom gleichnamigen Verein gegründet, um Unterlagen, die seit 1970 von Aktivist*innen gesammelt worden waren, für die Nachwelt zu bewahren und öffentlich zugänglich zu machen.

 

Etappe 17: Bad Säckingen über Kaiseraugst (CH) bis Basel (CH)
Etappe 18: Basel (CH) bis Fessenheim (F)

Donnerstag 1. September 2022

Fessenheim (F): AKW-Abriss

In Fessenheim (F), wo die Etappe endete, lief bis vor wenigen Jahren das älteste und leistungsschwächste Atomkraftwerk Frankreichs. Das Projekt Fessenheim begann 1970 und der grenzüberschreitende Widerstand formierte sich schnell. Viele beteiligten sich und kämpfen weiter in Initiativen wie der Breisacher Mahnwache und dem „Aktionsbündnis Fessenheim stilllegen“ teils seit  Jahrzehnten gegen die Atomkraft am Oberrhein. Im März 2011 protestierten 10.000 Menschen gegen den Weiterbetrieb Fessenheims. Auch in den Jahren vor der Stilllegung nahmen immer wieder tausende Menschen an Aktionen teil. Im Februar 2020 wurde Block 1 endlich vom Netz genommen, Block 2 im Juni 2020. Die Abschaltung des Atomkraftwerks in Fessenheim ließ die Region aufatmen. Deutsche und französische Atomkraftgegner*innen feierten das Ende des Meilers gemeinsam, nachdem sie jahrzehntelang immer wieder vor Sicherheitsrisiken wegen des hohen Alters der Anlage und der Erdbebengefahr im dicht besiedelten Oberrheingraben gewarnt hatten. Die aktuellen Pläne der französischen Betreiberfirma EDF, dort ein nukleares Reststoffverarbeitungszentrum errichten zu wollen, alarmiert viele Atomkraftgegner*innen. Außerdem besteht im Ort offenbar Interesse, sich als Standort für die zukünftige Nutzung von Atomenergie ins Gespräch zu bringen.

Der Abriss des AKW Fessenheim soll 2025 starten und 15 Jahre dauern. Die grenzübergreifende Umweltbewegung will den Abriss kritisch und konstruktiv begleiten. Der Widerstand organisiert sich im „Trinationalen Atomschutzverband“ (TRAS) mit Initiativen und Gemeinden aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz.

 

Etappe 18: Basel (CH) bis Fessenheim (F)
Etappe 19: Fessenheim (F) bis Wyhl

Freitag, 2. September 2022

Wyhl: verhindertes AKW

Von Fessenheim ging es zurück nach Deutschland: Das geplante Atomkraftwerk Wyhl bei Wyhl am Kaiserstuhl sollte zwei Reaktorblöcke der 1300-Megawatt-Klasse umfassen, erhielt jedoch nur für Block I eine Teilerrichtungsgenehmigung. Schnell formierte sich der Protest in Wyhl, in den umliegenden Ortschaften und im angrenzenden Elsass. Am 18. Februar 1975, dem Tag nach Baubeginn, besetzte die einheimische Bevölkerung zusammen mit vielen Sympathisant*innen gewaltlos den Bauplatz. Als zwei Tage später hunderte Polizist*innen mit Wasserwerfern den Bauplatz stürmten, solidarisierten sich viele Menschen spontan mit den Protestierenden – trotzdem räumte die Polizei den Platz. Nach einer Großkundgebung mit 28.000 Demonstrant*innen besetzten die Menschen am 23. Februar erneut den Bauplatz und gründeten dort das erste deutsche Anti-AKW-Camp. Mit der Besetzung wurde erstmals die Schwelle zur illegalen Aktion überschritten. Im März 1975 hob das Verwaltungsgericht die Teilerrichtungsgenehmigung auf und bewirkte so einen vorläufigen Baustopp, der ein halbes Jahr Bestand hatte. Nachdem dasselbe Gericht 1977 verfügte, dass das geplante Atomkraftwerk nur mit einem Berstschutz errichtet werden dürfe, wurden die bereits laufenden Bauarbeiten 1977 eingestellt. Danach ging es noch einige Jahre vor Gericht hin und her; erst 1994 wurde das Projekt offiziell beendet. Das AKW Wyhl ist das erste Atomkraftwerk in Deutschland, dessen Bau die Anti-Atomkraft-Bewegung durch ihren massiven Protest verhindern konnte. Der Satz „Nai hämmer g’sait“ wurde zum Symbol des erfolgreichen Widerstands. Angesichts einer drohenden Renaissance der Atomkraft ist das „Bündnis der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen“ seit 2004 wieder in der Region aktiv.

 

Etappe 19: Fessenheim (F) bis Wyhl
Etappe 20: Wyhl bis Freiburg

Samstag, 3. September 2022

Die Südtour und damit die gesamte Anti-Atom-Radtour 2022 von .ausgestrahlt endete in Freiburg, einer Stadt mit langer Anti-Atom-Geschichte. Schon bei der Besetzung des Bauplatzes für das Atomkraftwerk im nahegelegenen Wyhl am 18. Februar 1975 waren neben Bauern und Winzern der Region auch viele Studierende der Universität Freiburg beteiligt – eine in der bundesdeutschen Protestgeschichte ganz neue Allianz. Immer wieder gab es in den folgenden Jahrzehnten Demonstrationen, Menschenketten und Mahnwachen gegen Atomkraft in Freiburg.

Auch heute ist die Anti-Atom-Bewegung in Freiburg lebendig. „Anti-Atom-Freiburg“ besteht seit 2010 und engagiert sich im Dreyeckland, im Südwesten Deutschlands und darüber hinaus aktiv für den Ausstieg aus der Atomenergie. Gemeinsam mit dem „BUND-Regionalverband Südlicher Oberrhein“ setzt sich die Initiative gegen den Bau eines „Recyclingzentrums“ für den Schrott aus stillgelegten Atomkraftwerken im 35 Kilometer entfernten Fessenheim und für ein Verbot dieser in Deutschland längst gängigen Praxis ein. Ebenfalls in Freiburg gegen Atomkraft aktiv ist die Initiative „Fukushima nie vergessen“.

 

Etappe 20: Wyhl bis Freiburg
Abschaltfest in Freiburg

Samstag, 3. September 2022

Mit Kundgebungen, Aktionen und Veranstaltungen quer durch die Republik und über die Grenzen hinaus machte die Anti-Atom-Radtour 2022 als rollende Demo deutlich, dass ein Weiterbetrieb der drei noch laufenden AKW in Deutschland nicht sinnvoll ist. Die Zukunft gehört den erneuerbaren Energien – daran darf nicht gerüttelt werden! Beim Anti-Atom-Fest in Freiburg ab 14 Uhr auf dem Platz der Alten Synagoge in Freiburg und beim Abschaltfest ab 18 Uhr in der Fabrik demonstrierten wir noch einmal für ein konsequentes Abschalten aller AKW spätestens am 31.12.2022. Gleichzeitig feierten wir gemeinsam den Abschluss der Radtour, zu deren Erfolg so viele Anti-Atom-Aktive, Bürgerinitiativen und Umweltschutzorganisationen beigetragen haben. Dabei konnten wir viel Kraft tanken für die Auseinandersetzungen, die noch vor uns liegen.

 

Fragen und Antworten

Alle wichtigen Informationen zu Anti-Atom-Radtour im Sommer 2022 auf einem Blick

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Übernachtungen

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