Entsorgungsdilemma offenbart sich einmal mehr in Jülich

14.11.2014 | Jan Becker

Anfang der Woche wurde mit der Bergung des über 2.000 Tonnen schweren Reaktorbehälters des AVR in Jülich begonnen. Für 70 Jahre soll er in einem unsicheren Zwischenlager stehen – was dann mit dem verstrahlten Behälter passiert, ist völlig unklar.

Glaubt man dem Betreiber dann schaut zur Zeit die ganze Welt nach Jülich: Ein Reaktor dieses Typs wurde noch nie demontiert. Schon der Transport des 2.000 Tonnen schweren und radioaktiven Kolosses gilt als „technische Meisterleistung“, berichtet rp-online.de. Der Behälter kommt in eine nahegelegene Zwischenlagerhalle. Aus einer weiteren müssen wegen fehlender Erdbebensicherheit die zur Zeit eingelagerten Castorbehälter mit dem Brennstoff des Meilers abtransportiert werden. Der Reaktorbehälter soll nach derzeitiger Planung dort 70 Jahre bleiben.

AtomkraftgegnerInnen hatten den Prozess bereits im Vorfeld scharf kritisiert: Ihrer Meinung nach sind Alternativen zu diesem weltweit einzigartigen Prozess nicht ausreichend geprüft worden. Und es trete die ganze Zeit Strahlung aus.

Eine endgültige Entsorgung – wenn man bei Radioaktivität überhaupt davon sprechen darf – ist heute völlig unklar. Eigentlich soll das ehemalige Eisenerzbergwerk Schacht Konrad bei Salzgitter den größten Teil des Rückbaumülls aus Atomanlagen, der meist schwach- und mittelaktiv ist, aufnehmen. Für den Rest, also die hochaktiven Stoffe, hat die Bundesrepublik bekanntlich eine neue Suche begonnen..

Doch der Reaktor aus Jülich kann auch in 70 Jahren nicht nach Konrad. Laut Dieter Rittscher, technischer Geschäftsführer der AVR, würde er dort „70 Prozent der Kapazitäten belegen“. Schon heute warnen Kritiker, dass die genehmigte Atommüllmenge in Konrad nicht ausreichen wird. Deshalb „müsse die AVR auf ein Endlager mit größeren Kapazitäten warten“.

Von einem dritten Endlagerstandort neben Schacht Konrad und einem laut Gesetz 2031 zu benennenden Standort für hochradioaktive Abfälle war bislang in Deutschland nicht die Rede. Hat die Atomindustrie mit ihren tausenden Tonnen strahlenden Hinterlassenschaften etwa schon Pläne in der Schublade, von denen die Bevölkerung noch nichts weiss? Fakt ist allerdings, dass es auch anderorts Abfälle gibt die weder der bisherigen Genehmigung für Konrad als der Deklaration „hochradioaktiv“ entsprechen. Oder meint die Bundesregierung etwa mit ihrer „Neustartsuche“, sie will eine Deponie „für alles, was nicht mehr in Konrad reinpasst“?

Die Entsorgung um den Reaktorbehälter von Jülich offenbart also einmal mehr, dass die Atommüllentsorgung in Deutschland konzeptlos erfolgt ist und weiterhin gravierende Mängel aufweist. Diese Tatsache untermauert unsere Forderung nach einem völligen Neustart der Endlagersuche. Vorher braucht es allerdings endlich eine umfassende Analyse, an welchem Ort sich welche Art von Müll überhaupt befindet – und wie damit in Zukunft umgegangen werden muss.

Für Jülich und die vielen Zwischenlagerstandorte ist eines sicher: Eine Lösung und damit der Abtransport des Mülls wird es im Zeitrahmen der geltenden Genehmigungszeiträume sicher nicht geben. Damit verkommen die Zwischenlager faktisch zu Endlager auf unbestimmte Zeit.

Quelle (Auszug): rp-online.de, 14.11.2014

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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