Schweden verabschiedet sich von der Atomkraft

08.07.2015 | Jan Becker

Schweden plante Laufzeitverlängerungen, Leistungserhöhung bei bestehenden Meilern und AKW-Neubauten. Das alles ist vom Tisch. Aus wirtschaftlichen Gründen sollen kleinere Reaktoren nun sogar vorzeitig stillgelegt werden.

In Schweden herrscht ein Überangebot an Strom aus erneuerbaren Energien. Währenddessen sind in diversen Atomkraftwerken teure Nachrüstungen nötig, weil eine Lebensdauer von 40 Jahren erreicht wurde. Die kleineren der sieben Reaktoren an drei verschiedenen Standorten können wirtschaftlich nicht mehr mithalten. Es sind also primär gar keine umweltpolitischen Entscheidungen, wie in Deutschland, die den Atomausstieg ermöglichen, sondern eine Verdrängung vom Markt.

Konkret hat der Konzern Vattenfall angekündigt, zwei von drei Einheiten am Standort Ringhals vorzeitig stilllegen zu wollen.

Im Juni folgte der Konzern Eon. Man wolle Oskarshamn-1 und -2, beide in den 70er Jahren in Betrieb genommen, vorzeitig vom Netz nehmen. Angesichts des „gegenwärtigen und mittelfristig zu erwartenden Strompreisniveaus, der grösseren Abgabenbelastung und des Investitionsbedarfs“ würden „vor allem kleinere Reaktoren zusehends unprofitabel“, so Jonas Abrahamsson, Chef von Eon Schweden. Der in Deutschland ansässige Konzern hält 54,5 Prozent an dem Kraftwerk. Mitanteilseigner Fortum, Betreiber von finnischen AKW, hält die Stilllegung nicht für nötig.

Am Standort Oskarshamn war zuvor noch eine Leistungserhöhung für Block 2 von heute 661 Megawatt auf 840 Megawatt für das Jahr 2017 im Gespräch gewesen. Diese Massnahme wurde nun „für unbestimmte Zeit verschoben“. Auslöser dafür seien „die aktuellen Marktverhältnisse“, so der Betreiber. Es bestünde „für die nähere Zukunft kein Bedürfnis nach einer so grossen Leistungssteigerung“. Das Kraftwerk ist seit Juni 2013 für umfangreiche Modernisierungsarbeiten vom Netz und soll planmäßig im Dezember wieder in Betrieb genommen werden. Block 1 am Standort soll nach Eon-Informationen „eingemottet“ werden.

Dieser politischen Entwicklung zum Trotz sind kürzlich 19 AktivistInnen von Greenpeace wegen schweren Hausfriedensbruchs angeklagt worden. Im März 2014 waren sie auf das Dach des AKW in Oskarshamn geklettert. Dort machten sie auf Sicherheitsmängel in den alten Anlagen aufmerksam und forderten die Stilllegung.

weiterlesen:

  • Kein Ausbau der Atomkraft in Schweden
    2. Dezember 2014 — Deutschland ist kein Einzelfall: Der schwedische Staatskonzern Vattenfall hat alle Pläne zum Ausbau der Atomenergie in Schweden auf Eis gelegt. Das Land will den Atomausstieg.

Quellen (Auszug): nzz.ch, nuklearforum.ch, finanzen.net, sverigesradio.se; 23./26./29.6., 2.7.15

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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