Wertloses Gesetz: Frankreich ohne Plan für „kleinen Atomausstieg“

23.07.2015 | Jan Becker

Die „Grande Nation nucléaire“ steht möglicherweise vor einem gewaltigen Umbruch: Das Parlament in Paris hat nun das seit langem erwartete Energie-Gesetz verabschiedet. In zehn Jahren soll nur noch die Hälfte des französischen Stroms aus Atomkraftwerken kommen. Doch wie dieses Ziel erreicht werden soll ist völlig unklar.

58 Meiler liefern derzeit etwa 75 Prozent des französischen Stroms. Bis 2025 will das Land verstärkt auf Erneuerbare Energien setzen. Im Jahr 2030 soll demnach der Anteil der Erneuerbaren bei 32 Prozent liegen, statt wie aktuell bei unter 2 Prozent. Umweltministerin Ségolène Royal nennt diese Ziele die „ehrgeizigsten in Europa“.

Wie das Vorhaben in die Tat umgesetzt werden soll ist jedoch völlig unklar. Das Gesetz enthält keinerlei Details dazu, ob und wann bestehende Atomkraftwerke vom Netz genommen werden sollen. Allein das Ende der beiden ältesten Meiler in Fessenheim ist für Ende 2016 in Aussicht gestellt worden, bis heute jedoch nicht beschlossen.

Es gäbe „le grand flou“ (die große Unschärfe), meint zum Beispiel Greenpeace. Die UmweltschützerInnen befürchten, das Frankreich nicht mal den nötigen Teil-Ausstieg aus der Atomkraft umsetzen könnte. Denn die Atomlobby geht bereits in die Offensive: Eine ebenfalls beschlossene Reduktion der Treibhausgase bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent sei ohne Atomkraftwerke ein „unrealistisches Ziel“.

Dieser „kleine Atomausstieg“ ist nichts wert, solange die französischen Reaktoren und die umfangreichen Atomindustrieanlagen zur Verarbeitung von Uran weiterlaufen. Gegen deren Stilllegung wird sich die Atomlobby mit allen Kräften wehren.

Eine gesetzliche Festlegung von Abschaltdaten für AKW wäre eine hilfreiche Maßnahme, um diese französische „Energiewende“ ernst nehmen zu können.

weiterlesen:

  • Zusammenbruch der Atomindustrie in Frankreich
    3. Juli 2015 — Das Beispiel Frankreich belegt: Atomkraft führt in die Sackgasse. Derzeit decken 58 Meiler etwa 75% des Strombedarfs. Trotzdem steckt die Atombranche in einer tiefen finanziellen Krise. Die Politik will verstärkt auf Erneuerbare Energien setzen, es steht ein „gewaltiger Umbruch“ bevor. Vom Atomausstieg jedoch noch keine Spur.

Quellen (Auszug): dpa, tagesspiegel.de, tagesschau.de; 22./23.7.2015

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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