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Foto: Günter Zint

Rückblick AKW Grohnde

Mit Grohnde ist Ende des Jahres 2021 einer der heftigst umkämpfte Reaktoren vom Netz gegangen.

Chronik (Auswahl):

  • Geplant ab 1973, Baubeginn 1976
  • Inbetriebnahme 01.09.1984
  • „Reststrommengen“ aus rot-grünem „Atom-Konsens“ aufgebraucht seit Frühjahr 2019
  • Alter bei Abschaltung Ende 2021: > 37 Jahre

Proteste (Auswahl):

  • Einwendungen gegen Bauantrag (12.000, 1974)
  • Bauplatzbesetzung (1.000, 19.02.1977, zeitgleich mit Großdemo in Brokdorf)
  • „Schlacht um Grohnde“ (15.000,19.03.1977)
  • Anti-Atom-Dorf auf Kühlturmgelände (200, 12.06.–23.08.1977, Räumung im Nachhinein für rechtswidrig erklärt)
  • Umzingelung (5.000, 24.04.2011)
  • Aktions- und Menschenkette im 40-km-Umkreis (20.000, 09.03.2013)
  • Klage wegen mangelndem Schutz des AKWs gegen Flugzeugabsturz (2014; bis heute kein Urteil)

Beinahe-GAU:

Eine Notkühlpumpe ist wegen einer Gasansammlung im Innern über einen unbekannten Zeitraum hinweg nicht einsatzfähig und hätte im Ernstfall binnen Minuten versagt (entdeckt im März 1985), Reaktorsicherheitsexperte: „Das war der halbe Weg zur Kernschmelze.

AKW Grohnde
Eure Demo-Erinnerungen

 

Am 31. Dezember ging da AKW in Grohnde vom Netz. Über Jahrzehnte gab es dort kleine und große Proteste.

Warst Du dabei? Dann schreib Deine schönste oder eindrücklichste Erinnerung auf, gerne auch eine Anekdote am Rande. Schick den Text mit dem Betreff "Erinnerung" an info@ausgestrahlt.de und vergiss nicht zu erwähnen, um welches AKW es sich handelt.

Erinnerungen AKW Grohnde

 

  • In Grohnde ist mir vor allem die Reiterstaffel der Polizei im Gedächtnis geblieben. Trotzdem rissen die protestierenden Demonstranten mit Seilen ein Loch in den hochgerüsteten Zaun. Leider war die Besetzung an diesem Tag wegen der allgegenwärtigen Polizeigewalt nicht möglich. Umso mehr freute mich, dass einige Tage später eine kleine Gruppe doch auf den Bauplatz gelangte.

  • Schifffahrt auf der Weser von Hammeln nach Hessen. So langsam kommt das AKW Grohnde in Sicht. Der Warmwasserausfluss des AKW ist mit einer „selbstgebauten Sprinkleranlage“ Marke 'Eigenbau Grohnde' ausgestattet um dadurch den Fluss Weser daran zu hintern umzukippen um ein Fischsterben und Flussflorasterben zu verhindern. Ich sah mir das fassungslos staunend an. Der Fluss ist für ein AKW viel zu klein. Das kenne ich nur aus Frankreich. (Grohnde, 2011)

  • 25.04.2011 – ein sonniger Frühlingstag, der noch heiß werden sollte. Bereits im Bus ab Kassel Austausch über Möglichkeiten der Verringerung des individuellen CO2-Fußabdruckes. Dann in Grohnde: ein Meer von Bussen, Treckern, gelb-roten Fahnen... – Voll war's! Und laut. Und so viele junge Mitstreiter! Beeindruckend war auch die Umzingelung des AKW.

    Zufrieden und gestärkt durch nette Gleichgesinnte ging es wieder nach Hause.

  • Grohnde 1976 (oder war es 1978?)

    Besonders eindrücklich war der Anmarsch, ohne eine Trennung von "friedlichen" und militanten Teilnehmer:innen. Geschützt in der großen Zahl der Demonstrierenden lief ich hinter einem Autochassis - ich glaube es war ein VW-Käfer - auf dem eine große Kabeltrommel angeschweißt war. Am Ende des fetten Seils ein großer Ankerhaken. es war eine konzentrierte gemeinsame Schweigestimmung, alle taten ihre Pflicht, so nahm ich es wahr: von Menschenkraft bewegt ging es Richtung Bauzaun, wo später ja auch tatsächlich Löcher in den Zaun gerissen wurden.

    Eine weitere starke Erinnerung sind die großen silbernen Aluminiumdrachen, die von verschiedenen Seiten aufgestiegen sind, um die Hubschrauber zu stören, die Soldaten mit Fallschirmen transportierten zur Unterstützung der Polizei, die komplett überfordert war mit Anzahl und Aktionsbereitschaft der Demonstrierenden.

    Meine dritte eindrückliche Erinnerung ist am späten Abend zuhause die mediale Berichterstattung, die nach meiner Wahrnehmung auf keinen Fall stimmen konnte (mehr als 200 verletzte Polizisten usw.) - mein Glauben in die Aufrichtigkeit der Medien erfuhr hier eine erste starke Erschütterung. Entrüstung, Verzweiflung und Hilflosigkeit waren meine Gefühle - so hörte ich sehr laut "Dvoraks Sinfonie aus der neuen Welt" und konnte mich wieder sammeln.

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