Nuclear Free Future Award 2020 verliehen

10.09.2020 | Jan Becker

Seit 1998 werden einmal im Jahr Menschen, die sich besonders für eine Zukunft frei von Atomkraft und Atomwaffen einsetzen, geehrt. Anfang September wurden nun die Preisträger*innen für 2020 bekannt gegeben.

Ray Acheson, Preisträgerin des Nuclear Free Future Awards 2020
Foto: Tim Wright / nuclear-free.com
Ray Acheson, Preisträgerin des Nuclear Free Future Awards 2020

Eine international besetzte Jury aus Aktivist*innen und Wissenschaftler*innen wählt Jahr für Jahr Menschen in den drei Kategorien Widerstand, Aufklärung und Lösung, zudem wird noch ein Ehrenpreis vergeben. Unter den Preisträger*innen befinden sich Atomkraftgegner*innen aus aller Welt, die sich auf ganz unterschiedliche Weise engagieren. In Deutschland wurden beispielsweise 2011 die Journalistinnen Barbara Dickmann und Angelica Fell in der Rubrik „Aufklärung“ für eine Dokumentation über „Krebs-Cluster“ um das AKW Krümmel geehrt. Siegwart-Horst Günther erhielt 2007 einen Preis für seinen Kampf gegen Uranmunition auf dem Schlachtfeld im Irak. Die Wissenschaftler*innen Inge Schmitz-Feuerhake, Sebastian Pflugbeil oder Edmund Lengfelder wurden für ihre unermüdliche atom-kritische Arbeit prämiert. Mit zu den ersten Preisträger*innen aus Deutschland gehörten die „Stromrebellen“ aus dem Schwarzwald, Ursula und Michael Sladek, wegen ihrer Gründung der bis heute erfolgreichen „Elektrizitätswerke Schönau“. 2017 bekam Jochen Stay für sein jahrzehntelanges Engagement gegen die Atomenergienutzung, von „X-tausendmal-quer“-Sitzblockaden gegen Castortransporte ins Wendland bis zur Gründung der Organisation .ausgestrahlt im Jahr 2008, eine „besondere Anerkennung“.

Bis 2018 fanden die Preisverleihungen an wechselnden Orten statt, was „die Größe und Vielfalt der globalen Anti-Atom-Bewegung“ zeigte. Der „Nuclear Free Future Award“ ist damit der „wichtigste Anti-Atom-Preis der Welt“, urteilt die tageszeitung taz. Wegen der Corona-Pandemie wurde 2020 die öffentliche Auszeichnung abgesagt. Stattdessen sind kürzlich Online-Dossiers über alle diesjährigen Preisträger*innen veröffentlicht worden.

Preisträger*innen 2020

In der Kategorie Widerstand erhielten dieses Jahr die beiden Russen Fedor Maryasov und Andrey Talevlin den Award. Journalist Maryasov veröffentlichte in den letzten Jahren über 100 investigative Beiträge über die geheimen Pläne des staatlichen Atomkonzerns Rosatom, u.a. über den Bau eines unterirdischen Atommüll-Lagers. Der russische Staat reagiert mit Repression, Maryasov drohen bis zu 5 Jahre Haft. Dem streitbaren Juristen Talevlin wurde bereits 2015 der Status eines „ausländischen Agenten“ verliehen. Er vertritt russische NGOs vor Gericht und verhinderte so z.B. den Import von 370 Tonnen Atommüll aus dem ungarischen Atomkraftwerk Paks. Im Frühjahr 2020 war er Mitinitiator eines Briefs an Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Putin, in dem 47 NGOs aus Russland, Deutschland und Holland forderten, den Export von abgereichertem Uran aus der Anreicherungsanlage Gronau in die geschlossenen Atomstädte Russlands zu stoppen.

Preisträger*innen in der Kategorie „Aufklärung“ sind 2020 die Amerikaner Felice und Jack Cohen-Joppa. Das Ehepaar hilft seit gut vier Jahrzehnten denen, die wegen ihres Widerstandes gegen die Atomenergie hinter Gitter landen. Sie nennen ihre Gruppe selbst „The Nuclear Resister“, die u.a. vier Mal im Jahr eine Zeitung veröffentlicht, die auf die Belange Inhaftierter fokussiert ist. Dadurch können diejenigen hinter Gittern denen draußen beim Vernetzen, Recherchieren, Planen helfen: Es entstehen „Anti-Nuke-Zellen hinter den Gefängnismauern“.

Ban nuclear weapons!

Seit 2005 beschäftigt sich die im Vergleich noch junge Preisträgerin in der Kategorie „Lösungen“, die Amerikanerin Ray Acheson, mit zwischen-staatlichen Abrüstungsprozessen und setzt sich dabei aus einer „antimilitaristisch-feministischen Perspektive“ für eine Reihe von Abrüstungs- und Rüstungskontrollvorhaben ein. Ray ist Direktorin von Reaching Critical Will (RCW), dem Abrüstungsprogramm der ältesten Frauen-Friedensorganisation der Welt, der Women's International League for Peace and Freedom (WILPF). Sie sorgt für Vernetzung zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen und ist eine der aktivsten Autorinnen von Berichten und gender-sensiblen Analysen über Waffen und den internationalen Waffenhandel.

2018 wurde die Demokratin Deb Haaland als eine der ersten indianischen Abgeordneten in den US-Kongress gewählt. Für ihren Kampf für das Klima, gegen soziale Ausbeutung oder für Entschädigungszahlungen an die Opfer von Uranabbau oder Atomwaffentests erhält sie 2020 den „Ehrenpreis“ des Nuclear Free Future Award.

weiterlesen:

  • Aktivist*innen-Porträts
    Auf unserer Webseite und im Magazin haben wir bereits einige Menschen vorgestellt, die sich in Deutschland besonders für ein Ende der Atomenergie einsetzen. - Porträts finden

  • Die Bergung und Verwendung von Uran führt zu nicht kontrollierbaren Einsätzen: Atomkraft, Waffen, Zerstörung. Die Nuclear Free Future Foundation klärt seit über 25 Jahren auf und zeigt Alternativen. Zur Webseite: nuclear-free.com

  • Mit ganz langem Protest-Atem
    05.11.2019 - Die Anti-Atom-Bewegung lebt vom langen Atem. Nur so wurden in den letzten Jahrzehnten Projekte verhindert, verzögert, verändert. Zwei sehr schöne Beispiele sind Brokdorf und Gronau.

  • Nuclear-Free Future Award vergeben
    26.10.2018 - Seit 1998 werden Menschen auf der ganzen Welt dafür geehrt, die sich ganz besonders für das Ende des Atomzeitalters engagieren und Wege aufzeigen, sowohl die militärische wie die zivile Nutzung der Atomenergie zu beenden. Im letzten Jahr war unter den Preisträger*innen Jochen Stay, Sprecher von .ausgestrahlt. In diesem Jubiläumsjahr stammen die am 24. Oktober in Salzburg ausgezeichneten Anti-Atom-Engagierten aus Australien, Kasachstan, England, Frankreich und Österreich.

Quellen (Auszug): nuclear-free.com

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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