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Euratom – oder Europa ohne Atom

Warum die EU seit mehr als 60 Jahren die Atomkraft fördert und wie die Europäische Atomgemeinschaft reformiert werden kann

Gäbe es ein EU-Fossil, steinalt und verstaubt, aber unsterblich, gefangen im Gestern, nie reformiert, nie abgeschafft, selten sichtbar und doch noch immer wirkmächtig und hungrig – es wäre Euratom, die Europäische Atomgemeinschaft. Gegründet 1957 zum einen, um die „zweite industrielle Revolution“, die im damals anbrechenden Atomzeitalter nicht wenige sahen, zu meistern – die finanziellen, technischen und Rohstoff-Hürden waren im nationalen Alleingang kaum zu überwinden. Gegründet aber auch, weil Atomkraft ein damals noch unbeackertes Gebiet war, auf dem keine nationalen Souveränitäten beschnitten werden mussten. Befürworter*innen einer europäischen Integration sahen darin die Chance, diese zumindest auf diesem Teilgebiet zu erreichen. Sie koppelten diese Idee an die Bestrebungen jener, die eine rein wirtschaftliche Integration Europas anstrebten. Der Kompromiss war das Doppelpack „Gemeinsamer Markt plus Euratom“. Entsprechend unterzeichneten die Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Italien und den Benelux-Ländern am 25. März 1957 in Rom zwei Verträge: den über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und den über die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM).

Römische Verträge 1957
Foto: EU
Unterzeichnung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) 1957 in Rom

Artikel 1 des Euratom-Vertrags definierte als Ziel die Förderung der Atomindustrie und der Atomforschung – schließlich stelle Atomkraft „eine unentbehrliche Hilfsquelle für die Entwicklung und Belebung der Wirtschaft und für den friedlichen Fortschritt“ dar. Ziel und Einschätzung sind bis heute unverändert, so wie Euratom als Institution alle seitherigen Reformen der EU mehr oder weniger unverändert überstanden hat. Der auf unbegrenzte Zeit geschlossene Vertrag entfaltet seine Pro-Atom-Wirkung heute noch genauso wie vor 60 Jahren.

Geld für Reaktoren

Milliarden an EU-Geldern sind seither in Atomforschung und Reaktorprojekte geflossen, aktuell finanziert Euratom unter anderem Forschungen an hoch umstrittenen Reaktoren der sogenannten „Generation IV“ sowie das irrwitzig teure Fusionsreaktorexperiment ITER.
Fataler in ihrer Auswirkung sind allerdings die indirekten Begünstigungen der Atomkraft, die Euratom verantwortet. Das sind zum einen laxe, sehr atomindustriefreundliche Regelungen, was die Haftung für Atomunfälle angeht. Zum anderen erwähnt Artikel 2 des Euratom-Vertrages explizit Investitionserleichterungen und die Förderung des Baus von Atomanlagen. Zwar gibt Euratom selbst kein Geld für neue AKW. Die Regelungen erlauben es aber nationalen Regierungen, den Bau neuer Reaktoren mit Beihilfen, Staatskrediten, Einspeisetarifen und anderen Wohltaten zu unterstützen. Unter Berufung auf den Förderzweck des Euratom-Vertrags nickt die EU-Kommission auch solche Hilfen ab, die sie sonst aus Wettbewerbsgründen untersagen würde. Im Fall des AKW-Neubauprojekts Hinkley Point C in Großbritannien billigte unlängst sogar der Europäische Gerichtshof diese Wettbewerbsverzerrung zugunsten der Atomkraft – explizit unter Verweis auf den Euratom-Vertrag. Ohne derlei Subventionsmechanismen wäre der Neubau von AKW in Europa vermutlich kein Thema mehr. Der Pro-Atom-Vertrag von 1957, dem alle neuen EU-Mitgliedsstaaten seither beitreten mussten, ist längst aus der Zeit gefallen – das sehen inzwischen viele so. Nur noch die Hälfte der EU-Mitgliedsländer betreibt überhaupt Atomkraftwerke; einige davon haben schon beschlossen, die Nutzung auslaufen zu lassen. Strom aus neu gebauten Atomkraftwerken ist sehr teuer, weitaus günstigeren Strom liefern die Erneuerbaren Energien, deren Ausbau wiederum inkompatibel mit Atomkraftwerken ist. Abriss der AKW und Lagerung des Atommülls verschlingen Milliarden. Davon, dass Atomkraft für Aufschwung und Wohlstand sorge, kann heute keine Rede mehr sein.

Baustelle AKW Hinkley Point
Foto: EDF
Vorbereitende Baumaßnahmen für das AKW Hinkley Point C

Einige Male schon gab es Ansätze, den Euratom-Vertrag aus dem 1950ern zu entrümpeln und zu reformieren, zuletzt Anfang des Jahrtausends im Zuge der Verhandlungen über eine Europäische Verfassung. Eine von der Europäischen Kommission eingesetzte Arbeitsgruppe untersuchte, welche Passagen noch zeitgemäß und erhaltenswert seien und welche nicht. Auch aus dem Verfassungskonvent heraus kamen Vorschläge für ein „Phase-out“ von Euratom. Mit dem Scheitern der Europäischen Verfassung waren auch sie vom Tisch.
Bei der Verabschiedung des Vertrags von Lissabon, der die EU reformierte, gaben fünf Länder, darunter mit Deutschland, Schweden und Ungarn drei mit Atomkraftwerken, eine gemeinsame Erklärung zu Protokoll. „So schnell wie möglich“, forderten sie, sei eine Regierungskonferenz einzuberufen, die über eine Reform des Euratom-Vertrags verhandeln solle. Taten folgten dem allerdings nie. Und obwohl eine Reform von Euratom im schwarz-roten Koalitionsvertrag vereinbart ist, beschied das zuständige Wirtschaftsministerium gerade erst, es bestehe „kein Handlungsbedarf“.

Das sehen Atomkraftgegner*innen anders. Welchen Sinn macht es, hunderte Millionen Euro in die Entwicklung neuer Reaktoren zu stecken, welche Atomprobleme nicht lösen, sondern sogar neue schaffen – Stichwort Proliferation. Und warum sollen Atomkraftwerke, deren Folgeschäden die Gesellschaft teuer zu stehen kommen, auch noch ökonomisch bevorzugt werden? Ohne den aus heutiger Sicht absurden Förderzweck des Euratom-Vertrages wäre das – und damit wahrscheinlich auch der Neubau von AKW – kein Thema mehr.

Austritt oder Reform

Nicht ganz klar ist, auf welchem Weg die EU-weite Privilegierung der Atomkraft durch Euratom am besten zu beenden ist: einseitiger Ausstieg oder Auflösung oder Reform des Vertrags? Die Europäische Union, fordert etwa eine von österreichischen Anti-Atom-Gruppen initiierte Resolution, solle sich künftig „ausschließlich um die Probleme und Gefahren kümmern, die durch die Nutzung der Atomkraft bereits entstanden sind“. Komme nicht bis 2019 eine Euratom-Auflösungskonferenz zustande, sollten atomkraftfreie sowie atomausstiegsorientierte Mitgliedsstaaten „einseitig den EURATOM-Vertrag kündigen und jegliche finanzielle Unterstützung an EURATOM einstellen“.

Letzteres dürfte nicht ganz einfach sein: Euratom wird aus dem normalen EU-Haushalt finanziert, den Etat beschließen EU-Parlament und EU-Ministerrat gemeinsam. Auch einseitige Austritte aus dem Euratom-Vertrag hätten zumindest ungeklärte Folgen: Die Organe von Euratom sind mit denen der EU verschmolzen; das müsste sich dann vermutlich ändern. Die Brüsseler Rechtsanwältin Dörte Fouquet, die im Auftrag der Grünen im Europaparlament den Euratom-Vertrag und die bisherigen Refomvorschläge dazu unter die Lupe genommen hat, hält einen Austritt auch inhaltlich nicht unbedingt für zielführend: An Euratom und seinen Regeln ändere dies nämlich nichts. Drohen allerdings gleich mehrere Länder mit einem Austritt, könnte der politische Druck für eine Reform zunehmen.

Erster Schritt zu einer Reform wäre ein entsprechender Beschluss des EU-Energieministerrats; dazu braucht es neben einem Antrag auch Verbündete. Es wäre eine Aufgabe, der sich auch die Bundesregierung durchaus widmen könnte.

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Europa ohne Atom: EURATOM abschaffen!

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Aktuelles Hintergrundpapier

Die Bundesregierung muss den Koalitionsvertrag umsetzen und sich bei der neuen EU-Kommission für die Reform des EURATOM-Vertrags einsetzen. Mehr Informationen findet ihr in unserem aktuellen Hintergrundpapier.

Offener Brief an die Bundesregierung

Bisher ist die deutsche Bundesregierung noch nicht aktiv geworden um den Versprechen des Koaltionsvertrages, hinsichtlich der Beendigung der einseitigen Förderung der Atomkraft in der EU, auch Taten folgen zu lassen. Ihren Einsatz für eine dringend notwendige Reform des Euratom-Vertrages fordern daher nun über 50 Umweltorganisationen aus neun Ländern in einem offenen Brief, anlässlich der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Hier findet ihr den offenen Brief und die Pressemitteilung von .ausgestrahlt zum Thema.


Zur Pressemitteilung   Zum offenen Brief

.ausgestrahlt-Podcast zum Thema

Fragen & Antworten

zur Europäischen Atomgemeinschaft und zur Förderung der Atomkraft durch die EU

Stand: Oktober 2018

  • Ein vertraglicher Zusammenschluss von Staaten auf dem Gebiet der Atomenergie. Gegründet 1957 mit den Verträgen von Rom ist Euratom heute eine parallel zur Europäischen Union (EU) bestehende internationale Organisation, deren Organe allerdings mit denen der EU identisch sind. Alle EU-Mitglieder mussten deshalb bisher auch Euratom-Mitglied werden – unabhängig davon, ob sie überhaupt Atomkraftwerke betreiben oder betreiben wollen.

  • Von den derzeit 28 EU-Mitgliedern betreiben 14 Staaten Atomkraftwerke: Frankreich (57 Reaktoren), Großbritannien (15), Deutschland (7), Belgien (7), Schweden (8), Spanien (7), Tschechien (6), Finnland (4), Slowakei (4), Ungarn (4), Bulgarien (2), Rumänien (2), Niederlande (1), Slowenien (1) – insgesamt 125 Reaktoren. Verlässt Großbritannien die EU, ist die Mehrzahl der verbleibenden 27 EU-Mitgliedsländer AKW-frei.

  • Die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Atomenergie und die Förderung derselben. Konkret geht es etwa um Forschungsförderung, Wissens- und Informationsaustausch, Strahlen- und Gesundheitsschutz, Investitionen, Versorgung mit Atom-Rohstoffen sowie um Sicherheitsvorschriften. 

  • Noch nie. 

  • Die Europäische Kommission (Kommissar für Energie/Generaldirektion Energie), das Europäische Parlament (Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie) sowie der EU-Ministerrat (Rat für Verkehr, Telekommunikation und Energie; von deutscher Seite das Wirtschaftsministerium). Bei Rechtsstreitigkeiten sind die EU-Gerichte zuständig.

  • Die Euratom-Rahmenprogramme werden aus dem allgemeinen EU-Haushalt finanziert, also von allen EU-Mitgliedsstaaten gemeinsam entsprechend ihres Beitrags zum EU-Haushalt. Deutschland trägt somit etwa 21 Prozent der Kosten. Das EU-Parlament teilt sich das Budgetrecht mit dem EU-Ministerrat, in welchem die EU-Finanzminister sitzen. Es kann daher nur begrenzt Einfluss auf den Euratom-Etat und dessen einzelne Positionen nehmen. Für den Zeitraum 2014–2018 stehen Euratom 1,6 Milliarden Euro für Forschung und Ausbildung zur Verfügung. Für 2019/2020 sind weitere 770 Millionen Euro vorgesehen. Hinzu kommen 2,9 Milliarden Euro (2014–2020) für das Fusionsforschungsprojekt ITER sowie etwa 25 Millionen Euro Verwaltungsausgaben pro Jahr. Für den Zeitraum 2021–2027 hat die EU-Kommission ein Budget von 2,4 Milliarden Euro für Forschungs- und Ausbildungsvorhaben von Euratom vorgeschlagen.

  • Nicht direkt, aber indirekt. Erstens über viele atomkraftfreundliche Regelungen etwa bei der (nur minimalen) Haftung für Atomunfälle. Zweitens, weil die im Euratom-Vertrag festgeschriebene Förderung der Atomenergie es den Mitgliedsstaaten erlaubt, Bau und Betrieb von AKW mit wettbewerbswidrigen – und deshalb in der EU normalerweise verbotenen – Regelungen zu unterstützen. Dies ist etwa beim geplanten AKW Hinkley Point C in Großbritannien sowie bei der geplanten Erweiterung des AKW Paks um zwei neue Reaktoren der Fall. 

  • Der geplante Reaktor ist so teuer, dass er sich unter marktwirtschaftlichen Bedingungen niemals rechnen würde. Die britische Regierung sagte dem Betreiber deshalb für 35 Jahre einen exorbitanten Einspeisetarif für den Atomstrom und andere Vorzugsregeln zu. Gegen diese Wettbewerbsverzerrung zogen Ökostromversorger und das Land Österreich vor Gericht. Der Europäische Gerichtshof wies die Klage Mitte 2018 in erster Instanz mit der Begründung ab, dass der Euratom-Vertrag die Förderung der Atomkraft explizit erlaube. Österreich hat dagegen Berufung eingelegt, das Urteil ist deshalb noch nicht rechtskräftig.

  • Ja. Euratom ist Mitglied des „Generation IV International Forum“ und forscht etwa im Institut für Transurane in Karlsruhe, einer Gemeinsamen Forschungsstelle („Joint Research Center“, JRC) der Europäischen Kommission, zu Flüssigsalzreaktoren und den darin nötigen Wiederaufarbeitungstechniken. Allein für die Atomforschungen und Arbeiten des JRC stehen Euratom im Zeitraum 2014–2018 rund 560 Millionen Euro zur Verfügung.

  • Euratom fördert die Fusionsforschung allgemein mit dreistelligen Millionenbeträgen. Die Euratom-Beiträge für das Fusionsreaktorexperiment ITER, das im südfranzösischen Cadarache in Bau ist, sind seit 2014 aus dem Euratom-Rahmenprogramm ausgeklammert. Die 2,9 Milliarden Euro (2014–2020) werden als eigener Haushaltsposten geführt, sind inhaltlich aber nach wie vor Euratom zuzurechnen. ITER wird nach letzten Schätzungen mehr als 20 Milliarden Euro kosten; Strom wird das Experiment niemals erzeugen.

  • Umweltverbände, Anti-Atom-Organisationen und Ökostromanbieter aus mehreren europäischen Ländern, die Grünen und die Linken im Bundestag und im Europaparlament, außerdem die „Allianz der Regionen für einen schrittweisen europaweiten Atomausstieg“, zu der sich bisher 15 Regionen aus Deutschland, Österreich und Belgien zusammengeschlossen haben. Die Umweltminister*innen von Deutschland, Österreich und Luxemburg haben zumindest angekündigt, weitere Länder für eine Euratom-Reform gewinnen zu wollen.

  • Bei der Verabschiedung des Vertrags von Lissabon, der die EU reformierte, hielten Deutschland, Irland, Österreich, Schweden und Ungarn 2007 in einer Protokollerklärung fest, dass die „zentralen Bestimmungen“ des Euratom-Vertrages „aktualisiert werden müssen“ und plädierten dafür, „so rasch wie möglich“ eine Reformkonferenz einzuberufen. Im Koalitionsvertrag von 2017 sprach sich die große Koalition gegen eine EU-Förderung für neue AKW aus und vereinbarte auf Initiative der SPD, sich „dafür ein(zu)setzen, dass die Zielbestimmungen des EURATOM-Vertrages hinsichtlich der Nutzung der Atomenergie an die Herausforderungen der Zukunft angepasst werden“. Das CDU-geführte Wirtschaftsministerium, das für Euratom zuständig ist, sieht allerdings bisher „keinen Handlungsbedarf“. 

  • Einen Antrag, den Vertrag zu ändern, kann jeder Euratom-Mitgliedsstaat, die Europäische Kommission oder das Europäische Parlament stellen. Stimmt der EU-Energieministerrat dem mehrheitlich zu, kommt ein entsprechendes Verfahren in Gang. Am Ende müssen die Regierungen aller Euratom-Mitgliedsstaaten der Vertragsänderung zustimmen.

  • Der Präsident des Europäischen Rats, derzeit Donald Tusk, würde nach einem entsprechenden Vorschlag der EU-Energieminister und nach Anhörung von Europäischer Kommission und Europäischem Parlament einen Reform-Konvent einberufen, der unter Beteiligung der nationalen Parlamente und Regierungen sowie des Europaparlaments und der Europäischen Kommission eine Reformempfehlung aushandeln könnte. Die Regierungen aller Mitgliedsstaaten müssten dieser bei einer anschließenden Regierungskonferenz zustimmen. 

  • Sie könnte unter den Euratom-Mitgliedsstaaten für eine Reform werben und dann einen Reformantrag im EU-Energieministerrat einbringen. 

  • Nein. Es gibt etliche Regelungen, etwa zur Überwachung der Sicherheit von Atomanlagen oder dem Strahlen- und Gesundheitsschutz, die nicht einfach ersatzlos über Bord geworfen werden sollten. 

  • Ja. Im Frühjahr 2019 veröffentlichte die damalige EU-Kommission in einer lang angekündigten Mitteilung ans EU-Parlament und den Rat Ideen zur Revision des Vertrags. Sie sehen allerdings keine inhaltliche Veränderung in seiner Ausrichtung vor, sondern befassen sich lediglich mit Änderungen, die eine effizientere und demokratischere Beschlussfassung zum Ziel haben. So könnten beispielsweise Entscheidungen im Rahmen von EURATOM zukünftig nicht mehr mit dem Prinzip der Einstimmigkeit fallen, stattdessen soll das Mehrheitssystem eingeführt werden. Ob, und wenn, wann es zur Umsetzung kommt, ist unklar.
    In einem nächsten Schritt soll eine Sachverständigengruppe eingerichtet werden, die die vorliegenden Ideen bewerten soll. Vorschläge für weitgehendere, auch inhaltliche Veränderungen, sind im Zuge der Verhandlungen über eine EU-Verfassung allerdings bereits vor Jahren erarbeitet worden. Änderungsbedarf und -vorschläge listet auch ein im Auftrag der Grünen im Europäischen Parlament erstelltes aktuelles Rechtsgutachten „Pathways to a Euratom Reform“ auf.

  • Einfach ist das nicht. Aber eine solche Konsensfindung ist letztlich auch bei allen anderen EU-Verträgen gelungen. Selbst Länder, die bisher noch auf Atomkraft setzen, haben unter Umständen ein Interesse daran, bestimmte Fragen oder Probleme im Zuge einer solchen Reform und/oder im Rahmen eines Deals zu lösen. 

  • Ja – ein Austritt aus der EU, wie ihn Großbritannien anstrebt, bedeutet automatisch auch einen Austritt aus Euratom. Unter Verweis auf einen Passus im Vertrag von Lissabon argumentieren Rechtsgutachten, dass auch ein alleiniger Austritt aus Euratom möglich ist. Die Europäische Kommission ist da allerdings anderer Ansicht. Im Zweifel müsste wohl der Europäische Gerichtshof die Frage klären. Offen ist auch, was es praktisch bedeuten würde, wenn EU- und Euratom-Mitgliedsstaaten nicht mehr identisch sind, ihre Organe aber weiterhin doch. 

  • Ein Austritt einzelner Länder aus Euratom würde die atomfreundlichen Regelungen des Euratom-Vertrags weder ändern noch außer Kraft setzen. Da Euratom aus dem gemeinsamen EU-Haushalt finanziert wird, würde auch der Euratom-Etat nicht automatisch schrumpfen. Ein Austritt mehrerer Länder wäre aber ein politisches Signal, die Drohung damit könnte unter Umständen den politischen Druck für eine Reform des Euratom-Vertrags verstärken. 

    • Atomkraftwerke abschalten, AKW-Neubauten verhindern – in ganz Europa!
    • Euratom-Vertrag reformieren: Keine Förderung der Atomkraft mehr!
    • Kein EU-Geld für die Entwicklung neuer Reaktoren!
    • Europaweit volle Haftpflicht für AKW und strenge Strahlenschutzregeln!
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