Unter Protesten wurden im November 2012 Plutonium-MOX-Brennelemente aus dem britischen Sellafield über Nordenham ins Niedersächsische AKW Grohnde transportiert. Ein Aktivist stoppte den LKW-Korso mit einer Ankettaktion. Im Zusammenhang mit seiner Festnahme verletzte sich ein Polizist - und der Aktivist sollte dafür zahlen.
Kurz bevor der Transport das AKW erreichte, kettete sich der Beschuldigte mit einem Rohr unter dem LKW fest. Er wurde von einer technischen Einheit der Polizei vom LKW gelöst. Dann hat man ihn von der Straße geschleift und anschließend „über eine Leitplanke geworfen“. Dabei waren seine Hände noch immer in einem Rohr festgekettet gewesen und er habe „den Eindruck gehabt, seitens der Polizisten sei es darauf angelegt worden, ihm Schmerzen zuzufügen“. Die Beamten hätten seine Schmerzen mit hämischen Worten wie „Selber schuld“ oder „überlegs Dir nächstesmal vorher“ kommentiert.
Nach Aussage des Beschuldigten habe er sich den Maßnahmen nicht widersetzt und auf Nachfrage mitgeteilt, in welcher Tasche sein Personalausweis war. Ein Polizeibeamter habe dann versucht, ihn hochzuzerren, um die Personalien festzustellen. Dabei zog sich der Beamte eine „Ruptur des Discus des linken Handgelenkes“ zu.
Das Landgericht in Hannover gab dem Land Niedersachsen im Februar diesen Jahres mit der Forderung nach Erstattung von Behandlungskosten und Bezügen des Beamten in Höhe von rund 15 000 Euro recht (Az. 5 U 44/16). Der Aktivist ging daraufhin in Berufung. Vergangene Woche wurde der Fall vor dem Oberlandesgericht (OLG) Celle verhandelt.
Der Zusammenhang der Verletzung und dem rechtswidrigen Verhalten des Beklagten sei „nicht eng genug“, begründen die OLG-Richter ihre Entscheidung, die nun zugunsten des Beklagten ausging. Dieser sei zum Zeitpunkt der Verletzung bereits jenseits der Leitplanke gewesen, wie ein Video belege. Sein Transport von der Straße sei also abgeschlossen gewesen. Nach Überzeugung des 5. Zivilsenats verletzte sich der Beamte erst bei der Feststellung der Personalien an der Hand. Damit sei der Vorgang kein „notwendiger Teil einer Gefahrenabwehr oder Risiko-Situation“ mehr gewesen. Doch eine genaue Analyse der Situation erwies sich als schwierig: die entscheidenden Sekunden fehlen auf dem vorgelegten Videomaterial der Polizei.
- NDR-Video im Vorfeld des Urteils, mit Hintergründen: Muss AKW-Gegner für verletzten Polizisten zahlen?
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Quellen (Auszug): grohnde-kampagne.de, kreiszeitung.de / dpa; 8./9.12.2016