Feuer in der Brennelementefabrik

10.12.2018 | Jan Becker

Zu einem Großeinsatz hat Ende vergangener Woche ein Feuer in der umstrittenen Brennelementefabrik Lingen geführt. Über 370 Anti-Atom-Organisationen und Verbände fordern die sofortige Stilllegung der Anlage.

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Es ist nur wenige Tage her, als aus der Anlage der letzte Störfall gemeldet wurde. In der Trockenkonversionsanlage seien im Rahmen einer turnusmäßigen Prüfung Risse an einem Reaktionsbehälter festgestellt worden, meldete die Atomaufsicht. Das angelieferte Uranhexafluorid (UF6) wird in dieser Anlage zu Urandioxid (UO2) in Pulverform reduziert. Anschließend wird es zu Tabletten gepresst, aus denen wiederrum Brennelemente für Atomkraftwerke hergestellt werden. Vor knapp einem Monat meldete der Betreiber „Feuchtigkeitsansammlungen“ durch eine Fehlfunktion in der Wasserdampfversorgung in der Konversationsanlage. Im Mai wurde eine Undichtigkeit an einem Rohrleitungssystem festgestellt, fehlerhafte Komponenten mussten getauscht werden.

Ende vergangener Woche kam es dann zu einem Großeinsatz von Feuerwehr und Rettungskräften. Laut einem Sprecher handelte es sich zwar nur um einen "Kleinbrand" mit den Ausmaßen von etwa 40 mal 40 Zentimetern, der mit CO2-Löschern gelöscht werden konnte. Trotzdem rückten 150 Einsatzkräfte und Spezialisten an. Bei Radioaktivitätsmessungen seien bisher „keine Auffälligkeiten“ festgestellt worden.

UPDATE 11.12.: Eine Unternehmenssprecherin räumte auf Nachfrage von NDR 1 Niedersachsen ein, dass sich der Brand doch im nuklearen Bereich der Anlage ereignet habe. Es sei ein „Missverständnis“, dass zuvor davon gesprochen wurde, es handelte sich um den „nichtnuklearen“ Teil. In dem Labor wird das von Kunden gelieferte Uran auf seine Qualität überprüft. Unklar ist aber weiterhin, warum das Feuer ausgebrochen war.

Die Grünen im Niedersächssichen Landtag haben beantragt, dass der Umweltausschuss sich mit dem Thema beschäftigt.

Anlage sofort stilllegen!

Blockade der Brennelementefabrik Lingen, 25.07.2013
Foto: Visual Rebellion
2013: Blockade der Brennelementefabrik

Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) fordert nun stellvertretend für über 370 weitere Anti-Atom-Organisationen und Verbände, alle sind Unterzeichner*innen der „Lingen-Resolution“, mit großem Nachdruck die sofortige Stilllegung der schon lange umstrittenen Atomfabrik. Die zuständige Landesregierung in Hannover habe in der Vergangenheit nicht angemessen gehandelt, obwohl es immer wieder zu Pannen und Störfällen in der Brennelementefabrik kam.

„Die Landesregierung in Hannover darf jetzt nicht wieder mit Beschwichtigungen reagieren. Der Schutz der Bevölkerung muss oberste Priorität haben“, so BBU-Vorstandsmitglied Udo Buchholz. Ministerpräsident Stephan Weil und Umweltminister Olaf Lies sollten endlich die Stilllegung der Anlage sowie eine strukturelle Absicherung der dort Beschäftigten einleiten.

Nach vielfältigen Protesten aus dem In- und Ausland befasst sich derzeit immerhin auch der Bundestag mit der Zukunft der Atomfabrik in Lingen. Dort werden auch Nuklearbrennstoff für unsichere Atomkraftwerke in Belgien, in der Schweiz und in anderen Ländern hergestellt. Im Oktober hat in Berlin eine Anhörung des Umweltausschusses des Bundestages über die Zukunft der Uranfabriken in Gronau und Lingen stattgefunden. Bisher ohne zielführendes Ergebnis.

Mahnwache am Donnerstag

Der BUND und der Elternverein „Restrisiko Emsland“ rufen zu einer Mahnwache auf dem Lingener Bahnhofsvorplatz am Donnerstag, den 13.12.2018 in der Zeit von 16 bis 17 Uhr unter dem Motto „Schluss mit den Atomanlagen in Lingen“ auf.

weiterlesen:

  • Gronau & Lingen schließen!
    17.10.2018 - Mit einer Mahnwache begleiteten Anti-Atom-Aktivist*innen eine Anhörung im Umweltausschuss des Bundestages zur Zukunft der Uranfabriken in Gronau und Lingen.

  • Streit um Brennstoff-Exporte eskaliert
    13.08.2018 - Nachdem die Atomexporte von AKW-Brennstoff aus Deutschland in alle Welt heftig unter öffentlichen Druck geraten sind, hat Framatome, Betreiberin der Brennelementefabrik in Lingen, Behörden und Politik rechtliche Schritte angedroht. Atomkraftgegner*innen mobilisieren kurzfristig zu Protesten.

  • Weiterhin Brennelemente für Risiko-Meiler
    22.03.2018 - Obwohl es machbar wäre, unterbindet Deutschland die Lieferung von Brennstoff an Skandal-Atomkraftwerke in angrenzenden Ländern weiterhin nicht. Auch in diesem Jahr bekommt das umstrittene belgische AKW Doel Brennstoff aus Lingen.

  • Gutachten: Atomfabriken Gronau und Lingen dürfen stillgelegt werden
    17.11.2017 - Laut neuer Rechtsgutachten im Auftrag der scheidenden Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) wäre die Stilllegung der AKW-Brennstoff-Fabriken in Gronau und Lingen nicht verfassungswidrig. Bislang sind die Anlagen vom "Atomausstieg" ausgeklammert. Wegen des Zeitpunkts für die Veröffentlichung der Gutachten ist Hendricks aber aus der Verantwortung. Atomkraftgegner*innen fordern nun Taten von der kommenden Regierungskoalition.

Quellen: bbu-online.de, ndr.de, umwelt.niedersachsen.de

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Jan Becker

Jan Becker hat jahrelang die Webseite www.contrAtom.de betrieben und täglich aktuelle Beiträge zur Atompolitik verfasst. Seit November 2014 schreibt der studierte Umweltwissenschaftler für .ausgestrahlt. Jan lebt mit seiner Familie im Wendland. Mit dem Protest gegen regelmäßig durch seine Heimatstadt Buchholz i.d.N. rollende Atommülltransporte begann sein Engagement gegen Atomenergie, es folgten die Teilnahme und Organisation zahlreicher Aktionen und Demonstrationen.

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