Forschungsreaktor München

Forschungsreaktor
Forschungsreaktor München
Foto: unter CC BY-SA 3.0 DE von Mario Schmalfuß aus Wikimedia Commons
Status:
in Betrieb
Standort:
München
Kategorie:
Forschungsreaktor
Inbetriebnahme:
02. Mär 2004

Am Außenstandort der Technischen Universität München, in Garching, befindet sich der Forschungsreaktor München II (FRM-II) in Betrieb. Er ist wegen der Verwendung von atomwaffentauglichem Brennstoff besonders in der Kritik.

In direkter Nachbarschaft befindet sich der bereits abgeschaltet FRM-I, der mit seiner Inbetriebnahme 1957 Deutschlands erster Forschungsreaktor war. Wegen seiner 30 Meter hohen, eiförmigen Kuppel wird er auch als „Atomei“ bezeichnet und steht unter Denkmalschutz.

Er besaß eine thermische Leistung von 4 Megawatt und diente als Neutronenquelle für die Forschung. Nachdem die Entscheidung gefallen war, statt einer Leistungserhöhung einen Neubau umzusetzen, wurde der FRM-I am 28. Juli 2000 abgeschaltet. Der Atommüll aus dem Betrieb wurde in die USA gebracht. 16 Jahre nach der Antragstellung wurde der Rückbau des FRM-I im Mai 2014 genehmigt. Nach heutigen Informationen soll die Demontage zehn bis 15 Jahre dauern.

„Noch im Januar 1957 beim Richtfest von FRM I gab es kaum Vorbehalte gegen Kerntechnik“, so Prof. Winfried Petry, wissenschaftlicher Direktor des zweiten Forschungsreaktors in Garching. Die Anlage sei damals „im großen Einverständnis mit der Bevölkerung“ gebaut worden.

Die Lage änderte sich drei Wochen nach dessen Betriebsaufnahme: Im britischen Atomkraftwerk Windscale kam es 1957 zu einem Brand. Eine Wolke mit erheblichen Mengen radioaktiven Materials wurde frei und verteilte sich über Großbritannien und über das europäische Festland. Die Bevölkerung wurde kritischer.

Der einzige Neubau eines Atomreaktors in Deutschland seit Tschernobyl

1997 Protest bei Grundsteinlegung FRM-II
Foto: frm2.de
1997: Protest bei Grundsteinlegung FRM-II

Der zweite Forschungsreaktor am Standort Garching, München II (FRM-II), wurde für 435 Millionen Euro gebaut und im Juni 2004 in Betrieb genommen. Mit 20 Megawatt ist die Anlage die leistungsstärkste in Deutschland und der einzige Neubau eines Atomreaktors in Deutschland seit Tschernobyl. Er dient Wissenschaft, Industrie und Medizin als Neutronenquelle.

Wegen der Verwendung von hochangereichertem Uran-235 ist er besonders in der Kritik. Atomkraftgegner*innen warnen davor, dass der Brennstoff letztlich zum Bau von Atombomben genutzt werden kann. Das internationale Abrüstungsprogramm wurde unterlaufen, damit verstößt der Meiler nach Meinung von Kritiker*innen gegen das Völkerrecht. Von den ca. 30 Kilogramm Uran, die jährlich in Garching verwendet werden, sei nur die Hälfte notwendig, um eine Atombombe des Typs Hiroshima zu bauen. Dieser radioaktive Stoff ist seit den 1980ern weltweit geächtet.

„Hier wurde das völkerrechtlich wesentlich hochwertigere Gut, die Verbreitung von atomwaffenfähigem Uran zu reduzieren, dem viel geringwertigerem Gut geopfert, mit dem Kopf durch die Wand einen Forschungsreaktor zu bauen“, bilanzieren Kritiker*innen.

Der Betreiber bestreitet das. Die Genehmigung des Forschungsreaktors war in einer Vereinbarung mit der Auflage versehen worden, dass bis Ende 2010 die Umrüstung auf weniger als 50% Uran-235 erfolgt. Erst 20%iges Uran gilt allerdings als „nicht mehr waffenfähig“. Weil aber laut des Forschungszentrums „kein alternativer Brennstoff vorliegt“ wurde die Nutzung des Atombombenstoffs um acht Jahre verlängert.

Schon heute ist aber klar, dass auch bis Ende 2018 keine Umrüstung erfolgen wird. Über neue Verhandlungen über eine weitere Fristverlängerung ist noch nichts bekannt geworden, weil sie der Geheimhaltung unterliegen. Die Garchinger Betreiber geben an, dass aufgrund der Entwicklungsschwierigkeiten des neuen Brennstoffs eine Umrüstung erst etwa um 2030 möglich sein wird.

Die „Bürger gegen Atomreaktor Garching“ warnen außerdem vor immer wiederkehrenden Störfällen. Der Reaktor gebe im Normalbetrieb so viel radioaktives Tritium ab wie ein mittleres Atomkraftwerk. Während die Kritiker*innen vor einer möglichen Kernschmelze und unkalkulierten Gefahren für die nahe Großstadt warnen, lobt der Betreiber die hohe Sicherheitskultur: Angeblich hält die 1,80 Meter dicke Stahlbetonhaut selbst einem Flugzeugabsturz stand. Der Münchner Flughafen ist nur 10 km entfernt.

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